Kommt das Fernsehen nun aus seinem Modus raus?

Stell dir vor, die Deutschen sind heute Abend zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik (DDR eingeschlossen) alle zu Hause, und keiner guckt Fernsehen. Zu schön, um wahr zu sein. Oder? Für Intendanten und Chefs der privaten Sender wäre das der Supergau, den sie nicht zu fürchten brauchen, da er nicht eintreten wird. Eher gibt spielt ein Kernkraftwerk verrückt, als dass die Deutschen am Sonnabend ihr Fernsehen aufgeben. Gründe dafür gäbe es genug. Und es wäre schon eine große Überraschung, sollten viele der Hausarrestler, die normalerweise am Sonnabend auf die Piste gehen, Gefallen am Programm finden, geschweige denn nach Aufhebung des Ausnahmezustandes in den eigenen vier Wänden bleiben. Wenn die Republik spätestens seit heute sich in einem Modus befindet, in dem das Fernsehen am Sonnabend schon lange ist, nämlich im Standby, der sich von den üblichen dadurch abhebt, dass das Gerät zwar an ist, jedoch immer das Gleiche von sich gibt, dann kann das auf Dauer nicht gut gehen. Neue Sendungen müssen her. Und Franz wäre nicht Franz, wenn er für heute Abend nicht schon eine Programmänderung vorschlagen könnte – die neueste Ausgabe des Schleichfernsehens muss ins Erste, im Anschluss an das Wort zum Sonntag. Schleich kann sogar mit einem Papst (den emeritierten) aufwarten. Das haben die Macher der samstäglichen Kirchensendung nie geschafft. (Vermutlich war auch noch kein Iman dort.) Und er hat jede Menge Humor zu bieten. Der macht ja fast alles leichter. Das gilt ebenso für gute Unterhaltung. Die kann Menschen dazu bringen, bis zum bitteren Ende Krieg zu führen. Das heißt noch lange nicht, dass es in den nächsten Tagen im deutschen Fernsehen vergnüglich und lustig zugehen wird. Diese Hoffnung sollte man gleich begraben – Deutschland ist nicht die Titanic, auf der die Kapelle erst aufhörte zu spielen, als das Schiff Bug über in die Tiefe stürzte. So würde Deutschland nie unter gehen. Wir gingen als ständig Ratende unter – am Tage verfolgten wir, da uns wegen des Standbys nicht anderes übrig bliebe, ausschließlich Ratesendungen, um Abwechslung zu haben. Und abends im Bett rätselten wir, ob wir Corona haben oder nicht. Aber dazu wird es nicht kommen. Das würde nur passieren, wenn die Politiker vergäßen, uns darüber zu informieren, dass alles vorbei ist. Ausschließen kann man das nicht. Neulich habe ich gelesen, dass in Wien die Arbeiter noch bis Oktober 1945 an einem Luftschutzkeller gebaut haben. Man hat ihnen einfach nicht gesagt, damit aufzuhören. Bleiben Sie gesund.

PS: Das Bild würde auf der Decke der Sixtinischen Kapelle zu sehen sein, wenn es Corona und Klopapier zu Zeiten Michelangelos gegeben hätte.

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