Macht die EU mit Boris eine Ausnahme?

Ausgerechnet Boris, dessen Versprechungen sich spätestens dann, wenn sie eingelöst werden sollen bzw. irgendjemand auf die Idee kommt, deren Wahrhaftigkeit zu prüfen, in Luft auflösen (legendär seine haltlose Behauptung, nach dem Brexit Gelder, die noch an die EU gingen, ins Gesundheitswesen stecken zu können), und ausgerechnet die EU, die bisher immer den Eindruck vermittelt hat, Ende Oktober würden die Briten draußen sein, sollte es zu keiner Einigung kommen – irgendwie soll es nun auch ohne Abkommen erst einmal wie gehabt weitergehen, was natürlich ein großer Erfolg für Boris wäre. Wie kann die EU den schlechtesten Narren, den das Königreich je erlebt hat, so stark machen? Hartnäckigkeit zahlt sich eben aus, könnte man meinen. Leider ist es nicht so einfach. Es ist in Europa gute Tradition, Leuten, die Ansichten und Ziele vertreten, die dem Gemeinwohl schaden, entgegenzukommen. Natürlich gibt es Ausnahmen – als Russe, der national-traditionalistisch oder kommunistisch gesinnt ist, hat man keine Chance, mit der EU einen Kompromiss erzielen zu können. Für die übrigen Europäer gilt, dass die EU nur bei strammen Rechtskonservativen, die sich darauf verstehen, den Unsinn, den zu reden, als Wahrheit zu verkaufen, Zugeständnisse macht. Wie eben bei Boris, der das Glück hat, eine Opposition zu haben, die nicht nur weit links steht, sondern es auch nicht für nötig hält, Mitglieder, die krude Ansichten über die Juden und deren Geschichte vertreten, in die Schranken zu verweisen. (Das Dilemma Labours ist es, einen Vorsitzenden zu haben, der Spitzfindigkeiten über alles mag. Als solche fast er Livingstones Ansicht über Hitlers Kollaboration mit den Juden, ohne die es Israel nicht gegeben hätte, auf.) Ihm kommt auch die Politik des Irans, der nun auch ein Schiff konfisziert hat (Tanker-Games), entgegen. Schon einmal hat ein Krieg die Karriere eines britischen Premierministers gerettet – ohne den Falkland-Krieg hätte die Eiserne Lady keine zweite Amtszeit geschafft. (Vermutlich haben die Briten den Tanker vor Gibraltar nur festgesetzt, um Boris einen guten Start als PM zu ermöglichen.) Es wäre schon kurios, wenn die NATO-Staaten, die in der EU sind, ausgerechnet einem Mann, dessen Karriere darauf fußt, Brüssel zu kritisieren, im Konflikt mit dem Iran helfen müssten.

Leider ist Boris keine Einzelfall in der jüngsten Geschichte Europas. Mit Bolsonaro, der behauptet hat, im Amazonas tun und lassen zu können, was er wolle, hat die EU ein Handelsabkommen unterzeichnet. Seinen Vorgängern wurde diese Hilfe nicht zuteil (die waren natürlich links). Auch hat man deren Bemühungen um die Begrenzung der Abholzung kaum gewürdigt. Nun sieht sich die Menschheit einem Hardliner ausgesetzt, der Trump sogar noch übertrifft.

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