Die Freunde des Stabhochsprungs der Frauen können aufatmen – die Star-Athletin, die diese Sportart im ersten Jahrzehnt des Jahrtausends nicht nur nach Belieben beherrschte, sondern dank weiterer Stärken – sie ist eine begnadete Schauspielerin, die sich perfekt darauf versteht, die Massen zu unterhalten, zudem sieht sie gut aus – alle großen Wettkämpfe zu einer Einmann-Show degradiert hat, hat angekündigt, sich nach Rio klagen zu wollen. Welches Gericht wird es wagen, der Diva des Stabhochspringens, die noch lupenreiner als Putin ist (den Einwand eines Spötters, Urin lasse sich nicht ewig konservieren, so dass die neuesten Doping-Nachweismethoden nicht weiterhelfen, wird als unehrenhaft abgetan), die Teilnahme zu verweigern? Was sich die resolute Dame vornimmt, schafft sie auch. Als Frau von Welt (sie hat einige Jahre in Monaco gelebt) weiß sie natürlich, wie man sich ins Gespräch bringt. In der NYT hat sie einen einen Artikel, in dem sie darauf verweist, dass es höchst ungerecht ist, Sportlern, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen, die Teilnahme zu verweigern. Nun will sie vor dem Gerichtshof für Menschenrechte klagen.
Wie viele Sportler Issinbajewa folgen werden, weiß ich nicht. Es wäre jedoch höchst peinlich für den IAAF, der heute beschloss, die russische Athleten weiter auszusperren, wenn eine Vielzahl von denen doch noch den Zuckerhaut zu Gesicht bekämen. Statt also nur jene Sportler, von den der Leichtathletikverband weiß, sie haben sich einer Kontrolle entzogen, zu sperren, werden gleich alle ausgeschlossen. Das ist keine Strafe, sondern eine Bestrafung, die höchst kontraproduktiv ist, da sie nicht dazu führt, dass die Russen aus ihren Fehlern lernen. Der Verband hat es mit dieser Entscheidung geschafft, sich in Russland nur Feinde zu machen. Whistleblower und Kritiker des bisherigen Systems stoßen nun erst recht auf tauben Ohren bei der Bevölkerung. Statt sich für einen moderaten Weg zu entscheiden, hat man die harte Linie gewählt. Und das ausgerechnet vor Olympia. Vier Jahre Vorbereitung sind nun für die Katz. Es ist nicht auszuschließen, dass die Sperre die russische Leichtathletik weiter zurückwirft, als je ein Embargo, das der Wirtschaft schwer zusetzen soll, imstande sein könnte.
Am Mittwoch habe ich die Engländer noch um ihre Regatta auf der Themse, die Geldorf wegen der kleinen, niedlichen Boote (der Mann ist eben geschmackssicher) über Farage, der zu glauben scheint, Größe würde die Menschen beeindrucken (der wäre am liebsten mit der Titanic durch die Tower Bridge gefahren), haushoch gewonnen hat, beneidet. Am Donnerstag dann das böse Erwachen, als eine Labour-Abgeordnete ermordet wurde. Während nach Attentaten die meisten sich nur fragen, wie der/die Täter das tun konnten, ist man in England darüber entsetzt, dass der Brexit-Wahlkampf mit einer Härte, die fast zwangsläufig ein Ereignis wie jenes vom Donnerstag zur Folge habe, geführt wurde. Man ist sozusagen entsetzt über sich selbst (hoffentlich in beiden Lagern). Das ist bisher einmalig.