Jetzt können die Briten über den Brexit diskutieren

Wir sind im Jahr 1 nach dem Brexit, und wer gehofft hatte, heute früh im Radio zu hören, May habe noch schlechter als gestern prognostiziert abgeschnitten, so dass sich die Tories veranlasst sahen, Boris zum Premierminister zu machen, wurde bitter enttäuscht – es war alles so wie früher, als man mit der Gewissheit ins Bett gehen konnte, dass die Hochrechnung das wahre Ergebnis widerspiegeln werden. Statt Boris hatte ich mir Jeremy vor der Downing Street Nr. 10 erhofft, wozu es nur jener 5 Sitze, um die sich, wie sich nach der Auszählung herausstellte, die Wahlanalysten vertan haben, bedurft hätte – wären die Labour gutgeschrieben worden, hätte May bei einem Stand von 308 gegen 271 gar nicht erst bei der Queen wegen der Regierungsbildung nachzufragen brauchen. Dank der Unionisten, über die einer im Forum des Guardians geschrieben hat, dass sie die Katholiken am liebsten im Meer ertränken würden, kann sie nun weitermachen. Treten sie den gegenüber den Konservativen halb so entschieden wie gegenüber den Antichristen auf (der Papst ist für sie der Antichrist), halte ich es für möglich, dass die Briten einen halbwegs soften Brexit hinbekommen. Ich kann den Unionisten nur raten (in der Not muss man auch mal mit dem Teufel zusammenarbeiten), May zu verpflichten, sie über den Stand der Verhandlungen auf dem Laufenden zu halten. Sollten die Verhandlungen nicht nach ihren Wünschen verlaufen, haben sie die Chance, Corbyn zum Premier zu machen. Die Frau, die gerne alles unter Kontrolle hat, selbst jedoch kritischen Fragen aus dem Weg geht, ist nun in einer Situation, die sie unbedingt vermeiden wollte – von nun an wird sie ab und an vor dem Parlament Rechenschaft ablegen müssen. Noch rechtzeitig haben sich die Briten an Lenin, der gesagt hat, „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“, erinnert. Aber was nutzt es, wenn sie nicht mehr machen kann, was sie will, wenn niemand weiß, was sie überhaupt will? Corbyn hat gesagt, er wolle einen freien Zugang der Wirtschaft zur EU. Ferner sollen sich Bürger aus dem Festland im Königreich niederlassen können. Dank des haben die Briten nun die Chance, darüber zu diskutieren, wie sie sich ihre Zukunft vorstellen. Wegen Mays Strategie, ganz auf den ersten Teil von Lenin Satz zu setzen, was ihr ermöglicht, die Menschen im dunkeln zu lassen, ist dies nicht möglich gewesen. Dadurch hat das Land ein Jahr verloren. Angesichts des Hung parliaments wird sie mit ihrer Nummer, dass Großbritannien nur eine starke Führung brauche, um ein gutes Ergebnis zu erreichen, hoffentlich nicht mehr durchkommen. Heute war davon wieder die Rede, als sie von der Queen kam. Je länger ich mich mit ihr beschäftige, desto mehr ärgere ich mich, dass sie vor Corbyn liegt. Wenigstens ging gerade der letzte Wahlkreis an Labour – Kensington haben die Tories verloren.

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