Was ein Buch alles anrichten kann

Wer austeilt, muss auch einstecken können, darum bekommt Silke Burmester, eine von zwei Frauen, die es geschafft haben, die Kolumnisten-Phalanx bei Spiegel-Online wenigstens an den Wochenenden aufzubrechen, verdientermaßen eine gehörige Tracht Prügel, die noch kräftiger ausfallen würde, wenn statt des üblichen Fotos jenes zu sehen wäre, auf dem sie (Onlineausgabe der taz) einen Helm trägt, der den Eindruck vermittelt, er könne selbst vor kleinen Asteroid-Brocken, die natürlich glühend heiß sind, schützen. Die Resonanz auf ihren Artikel wäre noch viel größer gewesen – ganze Meteoriten-Schwärme hätten es als Herausforderung betrachtet, diesen Spon-Artikel auszulöschen. Und da man heute erst nach 14 Tagen entscheiden muss, ob man etwas kauft, hätte der Spiegel nicht einmal eine Nutzungsgebühr zu zahlen brauchen.

Um was geht es? Burmester hat sich über die Bayern lustig gemacht. Das ist an sich nicht anstößig. Leider hat sich aber den Fehler gemacht, ihre Heimatstadt Hamburg als Hort der Hochkultur zu preisen. Zudem offenbarte sie noch, ein kürzlich veröffentlichtes Buch eines Journalisten gelesen zu haben, der, wenn ich ihn im Fernsehen sehe, meine Meinung, dass die Bayern sonderbare Menschen besonders schätzen, immer wieder aufs Neue bestätigt. Er ist halt da. Nie würde ich aber auf den Gedanken kommen, ein Buch von ihm zu lesen, geschweige denn über ihn zu schreiben. Mir ist rätselhaft, wie sie überhaupt an das Werk kam. Kein Buchladen außerhalb des Landesteils Bayerns, das schon seit ewiger Zeit Bayern heißt, führt „Bayern kann es auch allein“, sprich schon in Franken ist es nur schwer zu bekommen. Unglücklicherweise muss ausgerechnet das eine Exemplar, das es bis Hamburg hinauf geschafft hat, in die Hände Burmesters gefallen sein. Vermutlich hat ein Bayer es in der S-Bahn liegengelassen. Wenn er gewusst hätte, dass die Finderin für den Spiegel schreibt, hätte er sein Heimatbuch selbst auf die Gefahr hin, beim Einchecken wegen Übergepäck zahlen zu müssen, nie aus der Hand bzw. dem Koffer gegeben.

Alles Jammern und Lamentieren hilft nicht weiter. Die im Buch aufgeführte Forderung, die Bayern sollen um ihr Land eine Mauer bauen, hat bei ihr das Fass zum Überlaufen gebracht – vom provinziellen, kleingeistigen, deutschtümeligen in Bayern, was sich in der Kleidung, den Riten und Gebräuhen ausdrücken würde, ist in ihrem Text die Rede. Darum wolle sie die Mauer. Dass die Bayern nun beleidigt sind, kann ich verstehen. Hat das Provinzielle, Kleingeistige und Deutschtümelige nicht jede Menge schräger Typen, allen voran eine Unzahl von Kabarettisten, hervorgebracht? Es ist müßig, sich weiter zu ereifern.

Und Hamburg? Es ist schön, zu lesen, dass die Menschen sich weiterentwickelt haben. Heine fand sie fürchterlich – ständig hätten sie nur ans Essen gedacht. Und sie seien auch noch stolz darauf gewesen. Zu dessen Zeit muss die Stadt die Fressmetropole Deutschlands gewesen sein. Das Image scheint man losgeworden zu sein. In einer Zeit, die nur schlanke Menschen kennt, jedenfalls ist es in der Werbung so, hätte dieser Ruf nur Wettbewerbsnachteile mit sich gebracht, zumal wenn Rauchfleisch weiterhin als des Hamburgers liebste Speise gelten würde. Froh macht mich auch, dass die Stadt keine Nachfolgerin für Heide Kabel hervorgebracht hat. Die Frau hat, als es nur drei Fernsehprogramme gab, ganze Abende zerstört. Wenn sie kam, lief auf den anderen Kanälen auch nichts besonders. Lesen war dann angesagt.

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Eine Antwort zu Was ein Buch alles anrichten kann

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