Thierse, oder warum Großbritannien die EU verlassen muss

Wie ungerecht ist doch die Welt – gerade mal 108 Wörter haben Thierse gereicht, um für würdig befunden zu werden, mit der „Narrenschelte“ – so heißt der Karnevalspreis der „Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte“ (Schweizer Vereine sind auch mit darunter) – ausgezeichnet zu werden, was alle, deren Job es ist bzw. die versucht haben, bewusst etwas Humoristisches zu Wege zu bringen, überhaupt nicht närrisch gemacht haben dürfte. Tiefe Depression ist bei denen nun angesagt. Nein, ich finde, Thierse hätte den Preis mit der Begründung ablehnen müssen, dass er diesen nicht verdiente, da er nur mit Platzpatronen geschossen habe, er aber selbstverständlich stärkere Geschütze aufgefahren hätte, wenn ihm bewusst gewesen wäre, mit zwei Interview-Absätzen Karnevalspreise einheimsen zu können.

Die „Schelte“ wird nicht seine letzte Auszeichnung sein. Er ist nun der Topkandidat für den „Orden wider den tierischen Ernst“ im nächsten Jahr. Für dieses Jahr ist dieser bereits vergeben – ausgerechnet ein (bisher) notorisch Humorloser, der zudem noch Schwabe ist, bekommt den Orden. Mir wäre er nie in den Sinn gekommen. Aber ich gehöre ja auch nicht dem Aachener Karnevalsklub an. Özdemir ist der glückliche, der, da die Auszeichnung mit einer unkündbaren Mitgliedschaft im Klub verbunden ist, nun jedes Jahr bei der Preisverleihung dabei sein darf (warum will bei mir nur kein Neid aufkommen?). Noch ist es jedoch zu früh, ihm jeden Humor abzusprechen. Er hat ja noch die Chance, am „Bütt“ zu zeigen, was in ihm steckt.

Gehören Sie auch zu denen, die froh wären, wenn die Briten aus der EU austreten würden? Ich fände es nicht so toll, wenn die Mehrheit der Untertanen ihrer Majestät – die Anrede „Seine Majestät“ wird es Ende 2017 nur geben, wenn die Queen, da glühende Europäerin, aus Protest abdanken sollte (beides kann nicht ausgeschlossen werden) – für einen Austritt stimmen würde.
Vermutlich würde sich nicht viel ändern. Und wenn ausgerechnet ein Russe, nämlich Jewgenij Lebedew, in seiner eigenen Zeitung, dem „Independent“, darüber klagt, dass es bald keine Exzentriker mehr auf der Insel geben werde (nur im Amazonas ist das Artensterben schlimmer), denke ich, der beste Weg, die Spezies zu erhalten, ist, diese zu isolieren. Gut, dass die Briten dies genauso sehen, somit Liebhaber jener Spleene, die, weil sie nur in Britannien vorkommen, sehr rar sind, sich nicht genötigt sehen, zum Erhalt dieser eine zweite Kontinentalsperre zu fordern. Ich brauche also keine Bürgerinitiative zu gründen. Ich weiß auch gar nicht, was ich da tun muss. Sicherlich wäre es zu einfach, die Eigenarten der Briten nur auf deren Insellage zurückzuführen. Vermutlich spielt der Kolonialismus auch eine Rolle. Dieser forderte geradezu schräge Typen. Wer halbwegs normal das Land verließ, hat sich die Marotten in der Kolonie eingefangen.

Lebedew geht es jedoch nicht um jene, deren Lebensstil (Kleidung etc.) außergewöhnlich ist. Ihn stört, dass die Masse über jeden, der etwas halbwegs Anstößiges sagt, herfällt. Jede Äußerung muss „politisch“ korrekt sein. Alle, was nicht konform ist, wird niedergemacht. Früher, so schreibt er, hätte jeder sagen können, was er wolle. Niemand habe sich aufgeregt. Leider aber habe der Konformismus obsiegt, wie auch im Fall Thierses, der dem schwäbischen Mob (3000, teilweise rüde Protestmails) klein beigegeben hat. Darum wird es Zeit, dass Britannien aus der EU austritt. Wir brauchen Vorbilder.

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