Vom Schwarzen Loch erfasst – niemand konnte helfen

„Der Spiegel“ hat es geschafft – seit gestern ist die Ausgabe mit dem Cover, das schon jetzt in den Annalen als schlechtester Aufmacher des Jahres geführt wird, in den Zeitungsläden. Warum nur diese Eile? Es waren immerhin noch 11 Monate Zeit, mit dem Bild zu warten. Wenigstens brauche ich mich nun nicht mehr der Hoffnung hinzugeben, das Magazin könnte mir in der Sauren-Gurken-Zeit mit einem „Ausrutscher“ aus der Patsche helfen. Nun ist es auch nicht so, dass ab nächster Woche nur noch tolle Cover kommen (Für das Design der Hamburger habe ich mich noch nie begeistern können. Time ist da viel besser). Diese Woche sticht eine Brillianuhr ins Auge, die kaum jemand beachten würde, wenn nicht darunter stände, „Hitlers Uhr, Deutschlands Geheimnis“, im Artikel selbst es in erster Linie um das Geheimnis geht. Hitler sells. Aber warum muss er ausgerechnet in der Woche, in der vor 70 Jahren in Stalingrad die 6. Armee kapitulierte (einen Tag zuvor wurde vor 68 Jahren Auschwitz befreit), als Lockvogel erhalten?

Zwei Wochen hätten „Der Spiegel“ uns die Uhr ruhig noch vorenthalten können. Die Uhr sieht so aus, als ob sie der Führer höchstpersönlich entworfen hätte. Wenn dem so wäre, was würde sie uns über dessen Geschmack verraten? Das Ziffernblatt sowie die beiden Zeiger gefallen mir gut, die Ziffern lassen sogar eine gewisse Nonchalance des Designers vermuten. Als ob sie gerade aufgemalt wurden. Frisch und lebendig. Das Gehäuse ist jedoch schrecklich, was auch auf die Kette zutrifft. Beide sind richtig hässlich. Kalt. Düster. Sie erinnern mich an das Eiserne Kreuz nicht unähnlich. Hatte der Führer etwa die Absicht, Eva Braun an die Front zu schicken? Wenigstens konnte sie sich sicher sein, nicht von ihm sexuell belästigt zu werden. Anzüglich wurde er sicherlich auch nicht – eben ein richtiger Gentleman, aber nur gegenüber Frauen.

Willkommen im Heute! Die Zeitmaschine hat mit gegen meinen Willen ins Jetzt zurückgeholt. Oder bin ich, wie viele andere auch, in ein Schwarzes Loch namens „Sexismus-Debatte“ geraten? Die Schwaben-Debatte war ja schon schlimm. Diese ist noch grauenvoller. Journalisten, die bisher immer recht vernünftige Texte geschrieben haben, spinnen etwas zu recht, was ganz legitim wäre, wenn es einen Hintersinn hätte. Leider meinen sie es ernst. So wie Augstein, der das Ende des „weißen Mannes“ gekommen sieht. Und führt ausgerechnet Tarantino als Beweis an. Dazu noch ein Buch – „Das Ende der Männer“. Warum setzt sich Augstein nicht mit dem blöden Satz Himmelsreichs, „ich möchte von ihm wissen, wie er es findet, im fortgeschrittenen Alter zum Hoffnungsträger aufzusteigen“, kritisch auseinander? Die Art, wie seine Pressesprecherin ihn (gemeint ist Brüderle) behandelt hat, bringt doch deutlich zum Ausdruck, dass dieser nicht viel zu sagen hat, ja wüsste ich es nicht besser, würde ich vermuten, er sei eine Marionette (Miss Plimsoll ist in „Zeugin der Anklage“ zwar auch resolut, jedoch wesentlich charmanter). Da sie weiß, dass dieser Mann unter den Pantoffeln einer unbekannten Macht (ich tippe auf seine Berater) steht, frage ich mich, warum sie diese Erklärung von ihm fordert. Es ist also Himmelreichs Stil, der mir missfällt. Es ist nicht der erster Artikel, in dem eine Frau einen Politiker bloßstellt. Merkel hat etwas Ähnliches verfasst.

PS: Mit Spliff an der Bar wäre das nicht passiert.

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