Politiker besser als Moderatoren; schlechte Regie

Was hat das Duell gebracht? Ich weiß, dass ich, wenn ich heute 40 Jahre jünger wäre, als Berufswunsch Sprinter angegeben hätte. Die werden vor dem Start immer von den Reportern vorgestellt. Mindestens 1 Minute wäre ich im Fernsehen. Ich habe mir auch schon ein Begrüßungsritual, das ich natürlich nicht verrate, ausgedacht. Nur so viel – meines ist viel cooler als das Bolts. Dessen Bogenschützengehabe wäre mir viel zu albern, ja ich finde es richtig peinlich. In die Politik würde ich nach dem gestrigen Duell nicht gehen (ja, ich durfte gucken). Politiker werden nur kurz, sozusagen im Vorübergehen, begrüßt. Wenigstens habe ich mitbekommen, was beide machen.

Zeit, einzugreifen – es heißt, in der Kürze liege die Würze. Seit gestern Abend ist das anders, denn seitdem liegt die Würze in der Eile. Als ins Studio geschaltet wurde, habe ich erwartet, dass Illner die beiden einzeln vorstellt. Und natürlich ihre drei Mitstreiter noch dazu. Aber das wäre ja von der Diskussionszeit abgegangen (als ob man nicht fünf vor halb neun ins Studio hätte schalten können). Unpersönlicher kann man ein Duell nicht einleiten. Dafür war es effizient. Nur geschätzte 20 Sekunden Diskussionszeit sind verlorengegangen. Respekt. Werner Höfer hat in seinem Frühschoppen dafür noch fast die gesamte Sendezeit gebraucht.

Und dann das viele Gift, das die Moderatoren versprüht haben. Deren größtes Problem ist, dass sie oft nicht die richtigen Worte finden. Von der Droge, ständig Dinge aufzubauschen, können sie einfach nicht lassen. Sie sind süchtig danach. Mich nervt es ungemein. Bspw. hat Illner, als es um die Energiewende ging, Merkel gefragt, ob sie im Affekt regiert (Versprecher) habe. „Unüberlegt“ oder „übereilt“ hätten es auch gemacht. Beide sind aber nicht scharf genug. Also musste „Affekt“ her. Sie hat an der falschen Stelle übertrieben. Das klingt einfach unseriös.

Ich hätte mir gewünscht, die Kandidaten wären gegenüber den Moderatoren selbstbewusster aufgetreten. Steinbrück hätte bspw. auf Wills Frage, wie er Merkel in den kommenden 90 Minuten aus der Reserve locken wolle, antworten müssen, dass er auf eine gescheite Gesprächsführung der Moderatoren hoffe. Mit dieser könne er aber nichts anfangen. Die würde sich überhaupt nicht eignen, Merkels Politik zu attackieren. Bitte werden sie konkreter. (Leider hat erklärt, was er anders machen würde.) Kloeppels ersten Beitrag fand ich auch deplatziert – er wollte von Merkel wissen, ob Steinbrück ihr angesichts etlicher Pannen seines Teams leid tun würde. Ein „ich tue mir ja nicht mal selber leid!“ unterblieb. Schade. Erstaunlicherweise hat Raab die wenigsten „unseriösen“ Fragen gestellt. Eigentlich gar keine. Er hat es, entgegen seiner Absicht, nur geschafft, Merkel, die am Anfang in den Seilen hing, wieder in die Mitte des Rings zu führen. Schulden sind ihr Lieblingsthema. Danach hätte er lieber später fragen sollen.

Und die Kandidaten? Steinbrück argumentierte sehr konkret, Merkel bleib meistens sehr allgemein. Rhetorisch war Steinbrück viel besser. Es sprach geschliffener. Und schaffte das Kunststück, keine neuen Wörter zu erfinden. Merkel hat nur die Schlussansprache für sich entscheiden können. In solchen Dingen sind Frauen einfach besser. Steinbrück ist Sieger. Der Sieg wäre noch höher ausgefallen, hätte er nicht gegen Moderatoren, die viel Wert darauf legten, den Zuschauern klar zu machen, dass Steinbrück eigentlich gar keine Chance gegen Merkel hat.

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