Seit Dienstag weiß ich, was ich hätte eigentlich schon immer wissen müssen, nämlich dass Tarantino ein Märchenerzähler ist. Bisher hat er mir das nicht verraten. Und ehrlich gesagt wäre ich auch nie darauf gekommen, hätte er seinen neuesten Film nicht „Once upon a time in Hollywood“ genannt. Wenn jemand, der sich bis jetzt nicht geoutet hat, nun mit einem neuen Film zu verstehen gibt, in welchem Metier er zu Hause ist, muss dieser etwas ganz Besonderes sein, was natürlich die Befürchtung aufkommen lässt, dass sich dieses Werk von seinen bisherigen wesentlich unterscheiden könnte. Und in der Tat, Tarantino erzählt eine recht sanfte Geschichte. (Um im Genre zu bleiben – bevor der Wolf Rotkäppchen gefressen hat, verbrachter er als Großmutter verkleidet mehrere Stunden mit ihr, was dafür spricht, dass sich Tarantino auf wundersame Weise in einen Hitchcock verwandelt hat. Ich kann die Fans aber beruhigen. Niemand wird wachgeküsst. Das ist für dessen Fangemeinde wohl die wichtigste Botschaft). Und schrecklich real ist alles, was eigentlich nicht stimmt, denn Ende der 60er konnte man derart über die Stränge schlagen, dass das Leben, das Brad und Leonardo führen, mir beinahe wie ein Märchen vorkommt. Beide fühlen sich sichtlich wohl in dieser Welt, was ich sehr gut verstehen kann – la dolce vita, für beide in erster Linie Alkohol und Zigaretten, beschränkte sich nicht nur auf Italien, sondern es wurde auch in Hollywood praktiziert. Wie toll muss das Gefühl für Leonardo gewesen sein, zu erfahren, dass man sich damals nicht um die Umwelt zu kümmern brauchte. Jeder flog mit der Pan Am. Heute muss man ein Privatjet haben, um bei einer Veranstaltung, in der es um die Rettung der Welt geht, teilnehmen zu können. Als Zuschauer fand ich es schön, zu erleben, dass es eine Zeit gab, in der alles viel einfacher und unkomplizierter war. Das Leben ist so schön, dass ich Tarantinos Gewaltexzesse überhaupt nicht vermisst haben (ab und an schimmert etwas von dessen Leidenschaft aber doch durch). Nur der Humor kommt zu kurz, was jammerschade ist, sind beide doch zur Hochform aufgelaufen. Sonderbarerweise hat Tarantino aber beschlossen, beide quasi zu humorfreien Personen zu erklären. Den überlässt er anderen – ein Regisseur und ein Mädchen, die mit Leonardo in einem Western mitspielt, sorgen für die Lacher. Subversives und politisch Inkorrektes wie vor einem Kung Fu Fight (ich denke mal, dass es einer sein sollte) mit der Bemerkung, Brad habe seine Frau umgebracht, Bewunderung bei seinem Gegner sowie den Anwesenden auszulösen, sind ebenfalls höchst selten anzutreffen. Schade eigentlich. Hat Tarantino die 60er etwas doch ein wenig zu ernst genommen?
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