Opposition muss aufmüpfiger werden

Der Merkelismus hat in seinem Bestreben, die Politik so langweilig wie möglich zu gestalten (je weniger sich für politische Themen interessieren, desto höher ist die Chance, dass Merkel eine Wahl gewinnt) diese Woche einen wichtigen Sieg errungen – die ARD hat sich entschlossen, einen der letzten Kommentatoren, die Schneid und Pep haben, zudem noch die über Gabe verfügen, den Zuschauer mitzureißen, summa summarum also gewisses Etwas aufweisen, nicht adäquat zu ersetzen, was nicht heißt, dass die Person, die der Sender im Auge hat, nichts könne. Sie ist einfach nur zu nüchtern und sachlich für den Job. Ihr fehlt auch das nötige Temperament, wobei ich nicht denke, dass es unbedingt eine Person sein muss, die in der Lage ist, jeden Sonntag um 18:30 Uhr Gernot Hassknecht Konkurrenz zu machen (Bericht aus Berlin). Aber der Zuschauer sollte schon merken, dass der Kommentator bereit ist, sich zu streiten. Eine Person in dieser Position darf sich auch mal still echauffieren. Ob Hassel, die Deppendorf, der in Rente geht, im Juli 2015 ablöst, den Zuschauer fesseln kann, wage ich zu bezweifeln. Gerade jetzt bedarf es Journalisten, die das Geschehen spannender verkaufen, als dieses eigentlich ist.

Wer in diesem Jahr schon einmal das Vergnügen hatte, eine Bundestagsdebatte verfolgen zu dürfen, weiß, was ich meine – es ist ein ziemlich trostloses Unterfangen, den Akteuren zu folgen. Während die Abgeordneten der regierenden Parteien vor Kraft nicht laufen können, müssen jene der Opposition sich Mut antrinken. Ohne Alkohol ist es für sie gar nicht möglich, eine Rede zu halten. Selbst Cicero hätte sich schwergetan, Ruhe und Übersicht gegen eine Mauer der Missachtung zu bewahren, die sich an allen möglichen Formen Bahn bricht, sobald jemand, dessen Partei nicht regiert, ans Pult tritt. SPD und Union tun so, als wäre die Zeit vor dem 23. September, als beide Gruppen ungefähr gleichstark waren, stehengeblieben. Die Oppositionellen haben gegen diese Übermacht natürlich keine Chance. Deren Arroganz siegt. Diese außergewöhnliche Situation verlangt außergewöhnliche Maßnahmen – wie wäre es, wenn sich Grüne und Linke dazu entschliefen könnten, ihre Abgeordneten im NSA-Untersuchungsausschuss nach Moskau zu schicken, um dort gemeinsam Snowden anzuhören? Die Aufmerksamkeit der Medien wäre ihnen sicher. Endlich mal wieder ein Coup, ein richtiger Kracher. Merkel und Co. würden eine solches Vorgehen als Landesverrat bezeichnen. Unsolidarisch und undemokratisch sei es, würde es heißen. Außerhalb des vereinbarten Gremiums zu arbeiten sei eines Parlamentariers nicht würde. Dazu gehört natürlich Zivilcourage. Haben beide Parteien wirklich Mumm, auszuscheren? Zutrauen würde ich es ihnen. Da Ströbele weiß, wo Snowden wohnt, sollte es nicht so schwer sein, ein Treffen zu organisieren.

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