Moskau und der Abfall, den niemand will

Wie gut, dass man in Moskau noch nichts von Müllverbrennungsanlagen gehört hat, denn gäbe es sie dort, würden alle denken, in Russland ginge überhaupt niemand mehr auf die Straße, um gegen Missstände zu protestieren. Müllentsorgung auf althergebrachte Art und Weise, ausgerechnet in Moskau, das keine Kosten und Mühen scheut, seinen Bewohnern den Wechsel vom Auto zu den öffentlichen Verkehrsmitteln so angenehmen wie möglich zu machen – wäre der Bevölkerung zu Sowjetzeiten der Umstieg noch befohlen worden, investiert man heute erst einmal in die Infrastruktur. Stimmen die Vorhersagen, wird Moskau in ein paar Jahren die einzige nicht-asiatische Stadt sein, die es in die Top Ten der U-Bahnstädte schafft. Daneben investiert die Stadt in ein S-Bahnnetz sowie in E-Busse, die entgegen aller Prognosen auch im Winter anspringen. (Bei E-Motoren muss man wohl eher sagen, dass sie „ansurren“, was suggeriert, dass ein Fahrer eines E-Autos einen eiskalten Morgen nicht zu fürchten braucht – während er beim Verbrenner darauf hofft, dass seine Handgriffe sowie seine Fußarbeit den Motor veranlassen könnten, anzuspringen, surrt er einen E-Motor selbst an. Das heißt natürlich auch, dass der Fahrer die Schuld bei sich suchen muss, wenn das Auto mal nicht „Ansurren“ sollte. Die Ausrede, man sei zu spät gekommen, weil das Auto nicht anspringen wollte, zählt dann nicht mehr.) Niemand ist perfekt, auch die Moskauer nicht. An den Müll haben sie nicht gedacht. Dessen umweltneutrale Verwertung ist vermutlich der schwerste Teil auf dem Weg zu einer umweltfreundlichen Stadt. Da nun selbst Russland, immerhin das größte Land der Welt, Probleme hat, einen stillen Ort zu finden, wo man ungestört den Abfalle deponieren kann, ist ermutigend. Selbst im hohen Norden in der tiefsten Provinz will man nichts davon wissen. Moskaus Oberbürgermeister Sobjanin, der die Stadt so radikal umgekrempelt hat, muss es etwas einfallen lassen. Wie gut wäre es, könnte man die Zeit 10 oder 12 Jahre zurückdrehen. Damals war Mutti noch keine Mutti, sondern eine Klimakanzlerin, der es sicherlich nicht schwergefallen wäre, Putin davon zu überzeugen, wie wichtig die Abfallentsorgung sei. Das wäre sozusagen der erste Schritt ihrer Mutti-Laufbahn gewesen. Wegen des neuen Kalten Kriegs müssen die Russen ohne deren Ratschläge auskommen. Ich bin mir sicher, dass sie es trotzdem schaffen werden.

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