Mögen Politiker überhaupt Popmusik?

Was macht Bayreuth, wenn im nächsten Sommer Rot-Grün regieren sollte? Wenn es ganz schlecht läuft, kommt zur Eröffnungsfeier im nächsten Sommer nur noch ein A-Prominenter, nämlich Gauck. Die beiden Wagner-Schwestern wird kaum trösten, dass sie sich auf ihn absolut verlassen können – nur eine schwere Grippe würde ihn, der wenn er wüsste, die Fotografen würden immer knipsen, wenn sie ihn sehen, zwei oder drei Mal vorführe, veranlassen, nicht zu erscheinen. („Hatten wir den nicht schon einmal?“ Übrigens ist das ein Trick Rommels, der um die Engländer zu täuschen, während einer Parade in Tripolis seine Panzer zwei Mal defilieren ließ.)

Da stellt sich schon die Frage, warum nur schwarze und gelbe Spitzenpolitiker Wagner mögen bzw. ständig in Bayreuth aufkreuzen, Promis aus anderen Bereichen es aber tunlichst vermeiden, dort gesehen zu werden. Das ist höchst verdächtig, jedoch kann ich mir vorstellen, dass während des Regierens der eine oder andere Rot-Grüne seine Liebe zur Musik des Sachsen entdecken könnte. Aber das wäre eher die Ausnahme. (Mein Tipp – Claudia Roth.) Eines ist vor der Wahl aber so gut wie sicher – Deutschland muss weiter auf einen Bundeskanzler, der sich öffentlich dazu bekennt, Popmusik zu mögen bzw. -konzerte zu besuchen, warten. Mindestens bis 2017. Dann hat der Wähler (hoffentlich) die Chance, jemanden zu wählen, der keinen Hehl daraus macht, Pop zu mögen. Deutsche Bundeskanzler hätten dann 62 Jahre einem Genre, über das Wiki schreibt, es habe sich ab 1955 herausgebildet, widerstanden. Vom Pop hat sich bisher kein deutscher Spitzenpolitiker anstecken lassen. (Bei Schröder bin ich mir aber nicht ganz sicher. Er soll die Scorpions mögen. Rein zufällig kommen die auch aus Hannover, zudem sind sie richtig berühmt. Ein richtiger Fan ist er unter diesen Umständen nicht.)

Während also die ganze Welt dem Pop verfallen ist, hat sich der Musikgeschmack der Kanzler seit Adenauers Zeiten nicht geändert. Das klingt alarmierend, ja weckt den Verdacht, unsere Bundeskanzler leben nicht nur nicht in einer Welt, die nur wenig mit der eines normalen Bürgers gemein hat, sondern, was die Musik betrifft, womöglich gar in Kultur-Zeitschleifen, deren jüngste im Jahr 1954 endet. Das mag stimmen, jedoch ist ein Freund klassischer Musik per se kein schlechter Bundeskanzler. Schmidt spielte Orgel und Klavier. Er nahm sogar Schallplatten auf. Niemand behauptet, dass er ein schlechter Bundeskanzler gewesen sei.

Mit Kohls Abwahl, das liegt immerhin schon 15 Jahre zurück, änderte sich sonderbarer Weise auch nichts. Die Bundeskanzler als Bildungsbürger alter Schule sind uns erhalten geblieben. Merkel hat jüngst den Versuch gemacht, ihr Image zu modernisieren. Alle durften daran teilhaben. Mit viel Tamtam haben die Medien darüber berichtet, dass ihr Lieblingsfilm „Die Legende von Paul und Paula“ heißt. Eigentlich müsste es immer noch heißen, denn dieser ist mittlerweile auch schon 40 Jahre alt (da war sie 19). Es grenzt an ein Wunder, dass sie seit dieser Zeit keinen besseren gesehen hat. Mich hat er nie interessiert. Die Frauen fanden ihn wegen des männlichen Hauptdarstellers toll. Der Film machte ihn zum langweiligsten Frauenschwarm, den die Welt je gesehen hat. Im Nachhinein war da schon klar, dass der Sozialismus scheitern würde.

Jetzt wird mir auch erst bewusst, warum Politiker versuchen, so wenig wie möglich Preis zu geben. Sie wollen sich schützen. Niemand soll sich über deren Geschmack lustig machen. Wegen „Paul und Paula“ wird Merkel nicht die Wahl verlieren. Wikis Ausführungen über den Film lassen mich vermuten, dass nur wenige meiner Meinung sein dürften.

PS: Was für tolle Bühnenbildner hat der Castdorf entwerfen lassen. Nur wegen diesen würde ich kommen. Bin gespannt, was die Zeitungen darüber schreiben.

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