Milliardär mit Zeitungstick gesucht

Milliardäre gibt es zwar viele, jedoch kenne ich nur einen, der sich als Hobby eine Zeitung hält, so dass dieser Kolumne nun gar nichts anderes übrig bleibt, als Reklame für die hiesige Regionalzeitung, über die heute zu lesen ist, sie solle verkauft werden, in der Hoffnung zu machen, einen hyperaktiven Milliardär, der nicht nur als Technikpionier in die Geschichte eingehen will, davon zu überzeugen, es mal mit Zeitungen zu versuchen. Im Gegensatz zu den sogenannten überregionalen Qualitätsmedien, bei denen es für den neuen Verleger nur darum geht, das Niveau zu halten, bietet unsere hiesige Zeitung einem Milliardär die Chance, seinen Nachruf mit ein oder zwei Absätzen die ausschließlich dessen Medienaktivitäten zum Inhalt haben, aufzuhübschen. Eine Zeitung für Milliardäre mit dem Ehrgeiz, auf allen Gebieten, die sie interessieren, herausragend vollbringen zu müssen. Ich denke da an Chinesen, die nicht nur in ihrer Heimat berühmt sein möchten. Halle bietet ihnen die Möglichkeit, auch in Deutschland bekannt zu werden (eine englischsprachige Ausgabe wäre natürlich noch besser). Eine Zeitung zu besitzen hat zudem den Vorteil, Herr der Dinge zu bleiben, was heute nicht ganz selbstverständlich ist, wie die Aktion Kepas, der sich weigerte, sich vor dem Elfmeterschießen im Cupfinale gegen ManCity austauschen zu lassen, zeigte. Er darf bei Chelsea natürlich weitermachen. In Rom war das noch ganz anders – da wurden Gladiatoren, die sich weigerten, gegen Löwen zu kämpfen (bspw. indem sich sich tot stellten), gnadenlos ausgepfiffen. (Damals wollten Leute noch etwas sehen für ihr Geld.) Dagegen leben die heutigen Kämpfer im Schlaraffenland – keiner seiner Mitspieler hat ihn aufgefordert, den Anweisungen des Trainers zu folgen, geschweige denn haben sich die Fans über dessen Gebaren erbost. Während Rom mehrere Jahrhunderte Gladiatorenspiele gesehen hat, ist es äußerst fraglich, ob es den Fußball in seiner heutigen Form noch in zehn oder zwanzig Jahren geben wird – eine Geldvernichtungsmaschine, in der locker Millionen zu Asche gemacht werden. Eine Verkäuferin, die Angst haben muss, wegen eines trockenen Brötchens ihren Job zu verlieren, kann von diesen paradiesischen Zuständen nur träumen. Welcher Milliardär will noch Geld in eine Branche, dessen Mitarbeiter nicht davor zurückschrecken, den großzügigen Geldspender zu brüskieren, investieren? Und die womöglich gar noch weniger Betuchte animieren, es genauso zu machen? Da ist es doch besser, sich eine Zeitung anzuschaffen. Die hat den Vorteil, dass man unliebsame Journalisten wesentlich unspektakulärer als Topfußballer los wird.

PS: Angebote für unsere Regionalzeitung nimmt diese Kolumne gerne entgegen. Natürlich können auch Leute kaufen, die die Absicht haben, die Zeitung als Genossenschaft weiterführen zu wollen.

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