May – wer kann sie noch stoppen?

Die May in ihrem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf – wovon Honecker nur träumen konnte, wird Theresa May hinbekommen, denn der von ihr ausgehandelte Vertrag, in dem sich die EU und sie darauf geeinigt zu haben scheinen, wie die Iren ihre offene Grenzen beibehalten können, ist sozusagen das Lebenselixier, das sie in die Lage versetzt, den nächsten Marathon anzugehen, noch bevor sie das Zielband des jetzigen, von dem niemand weiß, der wievielte es ist, durchtrennt hat. Hätten Ochs und Esel in Brüssel am Verhandlungstisch gesessen, wäre May vermutlich schon längst zusammengebrochen. Leider sitzen dort aber hochgebildete Leute, die aus Gründen, die ich nicht verstehe, ihr erlauben, dem Parlament ein Papier, das einen Volksentscheid unwahrscheinlicher werden lässt, vorzulegen – die Chance, dass sie damit durchkommt, mag jetzt noch sehr gering sein. Die Situation könnte sich aber gründlich ändern, wenn May nun auf Zeit spielt, sprich die Abstimmung so lange wie möglich hinausschiebt, so dass bei einer Ablehnung keine Zeit mehr bliebe, mittels eines Volksentscheids darüber zu bestimmen, ob das Land in der EU bleibt oder nicht. Da immerhin 21 von 100 Leuten, die an der Abstimmung teilgenommen haben, meinen, sie würde heute anders wählen, stehen die Chancen nicht schlecht, den Ausstieg doch noch zu verhindern. (Übrigens sind das Leute, die nie Kontakt mit den Abgeordneten hatten. Nur selten haben Teilnehmer, die vor der Abstimmung ihre Vertreter konsultierten, ihre Meinung geändert. Das spricht dafür, dass es ganz gut ist, Distanz zu unseren Volksvertretern zu halten. Keep them at arm‘s length!) Aber selbst wenn 52 von 100 anderer Meinung (also alle Brexiter) wären, würde Therese May weiter rennen – als sie als designierte Premierministerin vor die Presse trat, um im Brustton der Überzeugung, der dem Wahnsinn recht nahe kam, zu verkünden, „Brexit means Brexi“, war klar, dass sie sich an dieser Aufgabe festbeißen würde, ähnlich wie Colonel Nicholson im berühmten Film über den Bau einer Brücke über den Kwai. Sie wird nun das Stück Papier so wie Chamberlain, der geglaubt hatte, er hätte die Briten vor einen Krieg mit den Deutschen bewahrt (München), stolz in die Höhe reichen. Während man Chamberlain aufgrund der Schrecken des 1. Weltkriegs sein Einlenken noch nachsehen kann, hält sich das Verständnis für May, die sich stur nur von diesem Satz hat leiten lassen, in Grenzen. Wird es Labour gelingen, May zu stoppen? Im Jubelgeschrei über den Vertrag ist untergegangen, dass es der Partei gelungen ist, May zu zwingen, zu veröffentlichen, was ihr ihre Beamten empfohlen haben. Daraus lässt sich dann ablesen, inwieweit die Tories den Ratschlägen gefolgt sind. Die große Frage aber bleibt, wie Labour es schaffen will, die Konservativen zu einer Volksentscheidung zu bewegen. Es hilft nicht, wenn Corbyn und Co. zusammen mit den May-Rebellen deren Vertrag ablehnen, wenn dieselben Leute sich weigern, für Neuwahlen oder einen Entscheid zu stimmen. Wer sagt, dass May zurücktreten muss, wenn sie die Abstimmung verlieren sollte? Es sieht ganz nach einem großen Aussitzen aus (dagegen sind Kohls Aussitz-Manöver amateurhaft). Phoney War im Unterhaus. Die Deutschen haben dafür einen besseren Ausdruck – sie sprechen von einem Sitzkrieg. Nur ein Amerikaner konnte darauf kommen, das als „Fake-Krieg“ zu bezeichnen.

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