Eine Familie fliegt zum Mond,

jedoch darf nur einer ins Raumschiff, das ihn dahin bringt, so dass die anderen, obwohl sie in die Vorbereitungen zum Flug voll involviert sind, in den Mond gucken, worunter sie, wie unschwer zu erraten ist, zu leiden haben. (Damals wurde der Mond noch regelmäßig angeflogen, gefühlt ungefähr im Rhythmus, in dem man neuerdings nach Sankt Helena gelangen kann.) Ob es heute, wo die Reise „nur“ zur ISS geht, noch genauso ist, weiß ich nicht, denn im Mittelpunkt der Berichterstattung stehen damals wie heute immer jene, die ins All aufbrechen. Wer „La La Land“ gesehen, der weiß, dass dessen Regisseur Chazelle Amstrong nicht zum Mond ohne dessen Familie fliegen lassen kann. (Dass ein Mann, der einen Musical gemacht hat, sich der Geschichte der Raumfahrt der USA widmet, ist angesichts des Zwangs, die Ereignisse exakt erzählen zu müssen, dann doch erstaunlich. Vielleicht liegt es am Vater, der Professor für Mathematik und Informatik in Princeton ist.) Für einen Cineasten, der gewohnt ist, dass eine Actionszene nahtlos der nächsten folgt, ist die Geschichte wohl eher nichts, denn statt sich im Film auf den Flug, auf dem die Crew mit allen Problemen zu kämpfen hat, die halbwegs plausibel erscheinen, zu beschränken, gewährt er uns einen Blick in den Alltag des bekanntesten NASA-Austronauten, was recht mutig ist, da Amstrong nicht gerade zu denen gehört, die das Publikum unterhalten – ihn einfach als introvertiert zu bezeichnen wäre eine Untertreibung. Der Mann ist praktisch die Inkarnation der Introvertiertheit. Obwohl dessen Frau ähnlich gestrickt bzw. zu denen gehört, die sich im Griff haben, ist es keineswegs langweilig, zu verfolgen, wie die Amstrongs sich durchs Leben schlagen.
(Eine Frau, die ein Μ mehr aus sich herausgegangen wäre, hätte ihn womöglich veranlasst, am Mond vorbei Richtung Mars zu fliegen.) Als Offiziersfrau ist sie dazu berufen, ihren Mann überall dahin, wo man ihn hinschickt, zu folgen. Für einen Beruf ist da kein Platz. Sie kann froh sein, wenn sie sich mit den Frauen der anderen Offiziere – meistens sind dies die einzigen, mit denen sie Kontakt hat – einigermaßen gut versteht. (Gott sei dank gibt es Situationen, in denen ein Temperamentsausbruch sich nicht verhindern lässt. Der ist ihrem Mann völlig fremd.) Während die Ehefrauen den Tag praktisch im Schritttempo verbringen, jagen die Männer im Höllentempo durch die Lüfte. Die Stärke des Films liegt wohl in seiner Universalität – nach mehr als 2 Stunden glaubt man zu wissen, bestens über die Geschichte des Mond-Programms informiert worden zu sein. Wie es für einen guten Arzt gehört verschreibt Chazelle seinen Patienten nur das Nötigste. Und dann weiß er auch, wann die Informationspillen zu nehmen sind. Archivaufnahmen (u. a. mit Vonnegut) sind zu sehen. „Überholen ohne einzuholen“ – was Ulbricht nicht geschafft hat, hat die NASA mit dem Flug zum Mond hinbekommen.

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