Gauck – warum sagt ihm keiner was?

Ich weiß, es könnte mir Ärger einbringen, einen Gedanken, der mich seit einigen Tagen plagt, im Blog aufzugreifen, jedoch kann ich nicht umhin, diesen auszuposaunen – geht es Gauck etwa schon so wie Honecker? H. hat sich recht erfolgreich, immerhin mindestens 10 Jahre lang, gegen die Wirklichkeit gewehrt. Was ihm nicht passte, hat er ignoriert. Manche Spötter meinen, man habe ihm, als er besonders erfolgreiche Sportler auszeichnete, einreden müssen, dass diese wirklich zig Medaillen gewonnen hätten. Dieses Stadium hat Gauck noch lange nicht erreicht. Dennoch wirft die Äußerung, die er am Wochenende gemacht hat, kein gutes Licht auf ihn. Er kann von Glück sagen, dass die Medien nicht nachhaken. Weite Teile sind sicherlich genauso verbohrt wie er. Wieso kommt er auf die Idee, zu fragen, ob die Partei, die den Ministerpräsidenten stelle, tatsächlich schon weit weg von den Vorstellungen, die die SED einst bei der Unterdrückung der Menschen gehabt habe, sei, dass wir ihr voll vertrauen könnten, wenn die Mitglieder der Landtagsfraktion der Linken in Sachsen im Schnitt zu jung sind, um in der SED gewesen sein zu können? (Es geht um Thüringen.) Mit 41,6 Jahren hat Die Linke die jüngste Fraktion in Sachsen. Die meisten, anders als bei Gauck, kennen die SED nur vom Hörensagen. (Zu allem Überfluss müssen sie sich noch für den „Unrechtsstaat“ entschuldigen. Aber das ist ein anderes Thema.) Wenn in der Partei wenigstens noch ein paar prominente Altstalinisten, die alle seiner Altersgruppe angehören, in vorderster Front werkeln würden, könnte ich dessen Bemerkung ja noch verstehen. Jedoch gibt es, mit Ausnahme Schäubles, keine bekannten aktiven Politiker seines Alters. Mir scheint, Gauck ist schlecht informiert. Niemand hat ihm gesagt, dass da lauter junges Volk umherschwirrt. Ich fürchte, dass selbst wenn in 100 Jahren das letzte SED-Mitglied bereits 10 Jahre tot wäre, immer noch lebhaft darüber diskutiert werden würde, ob Die Linke noch etwas mir ihr gemein haben könnte. Das nenne ich Kontinuität. Manche Diskussionen enden eben nie. Über das Tor in Wembley wird ja auch noch diskutiert.

Was machen zur Zeit eigentlich die Konfliktforscher? Deren Aufgabe wäre es, den Politikern Vorschläge, mit deren Umsetzung die Auseinandersetzungen in der Ukraine beendet werden können, zu liefern. Bis jetzt habe ich von ihnen nichts gehört. Angesichts vieler Studiengänge ist es höchst verwunderlich, dass sich die Unis völlig bedeckt halten. Die Politik bekommt die Sache ohne fremde Hilfe bzw. Ratschläge nicht in den Griff. Es wird höchstens noch schlimmer. So ist dem Westen nichts Besseres eingefallen, als die Wahlen im Donbass pauschal für null und Nichtig zu erklären. Nicht einmal für eine Teilanerkennung – bspw. dass das Ergebnis als Bekenntnis, autonom zu werden, angesehen wird – hat es gereicht. Mit dieser starren Haltung löst man keinen Konflikt. Eher wird er noch schärfer und die Sache noch verfahrener. „Frozen State“ nennt man ein Land, in dem nichts mehr passiert, da niemand weiß, ob wie sich die Lage entwickeln wird. Niemand investiert in einem Gebiet, das jeder Zeit zum Kriegsschauplatz werden könnte. (Natürlich ist Putin daran schuld.) Je länger das dauert, desto wahrscheinlicher ist, dass eine Partei versucht, den Zustand militärisch zu beenden. Keine gute Aussichten.

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