Farce, die einem Helden schadet

Wenn sich, wie Marx meint, Geschichte immer zweimal wiederholen soll – erst als Tragödie, später als Farce –, dann ist es schön, zu denen zu gehören, die die Farce aus sicherer Entfernung beobachten können, da eine andere Macht die Rolle, die die Vorfahren einnehmen mussten, übernommen hat. Ehrlich bin ich nicht sehr traurig darüber, die Dinge nur aus der Ferne beobachten zu können. Die Farce ist fast genauso schrecklich wie die Tragödie, die wegen ihr einen ihrer Helden nun nicht mehr heldenhaft aussehen lässt. Wer hätte vor einen Monat gedacht, dass ausgerechnet Ereignisse im Kaukasus Stalins Ruf gefährden könnten? Putin lässt wegen seines eleganten und effizienten Eingreifens in Bergkarabach Stalin doch recht tolpatschig aussehen. Der Stählerne hat sich dem Führer nach der Unterzeichnung des Nichtangriffspakts regelrecht angedient – deutsche U-Boote und Flugzeuge konnten im Norden einen russischen Hafen und Flugplätze gegen die Alliierten nutzen; ferner wurden die Deutschen bestens mit Rohstoffen versorgt, so dass die Seeblockade der Briten, die im 1. Weltkrieg das Kaiserreich in arge Nöte brachte, wenig bewirkte. Alles nur, um keinen Krieg mit Hitler zu haben. Diese Strategie haben die Russen beibehalten, jedoch ihre Taktik geändert. Zu viel Unterwürfigkeit bringt den Gegner nur auf falsche Gedanken. Anbiederung wird als Schwäche ausgelegt, die bestraft werden muss. Der Kreml hat gelernt, sich nicht einschüchtern zu lassen. Moskau hat Soldaten geschickt, was völlig richtig ist, denn es sieht so aus, als ob sich meine Vermutung, Erdogan wolle das Gebiet, um Dschihadisten dort zu stationieren, mehr als bestätigen sollte – es sollen sich sogar syrische Familien in dem Gebiet ansiedeln. Vermutlich wollen die Türken Wehrdörfer, die die Armenier abschrecken sollen, errichten. Aber nicht nur die, sondern auch die Russen. Der Westen schaut zu, da jeder, der gegen die Russen ist, automatisch als Freund betrachtet wird. Und die Azeris. Für den Fall, sie sollten keine Lust mehr verspüren, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Aljyew hat sein Land verraten. Sein gefeuerte Generalstabschef (Militärs, die in Russland ausgebildet wurden, werden wegen zu enger Kontakte zum russischen Militär rausgeschmissen) sagte, wer die Türken ins Land lasse, der kann ihnen gleich Frauen und Kinder geben. Vermutlich hat er recht. Wie Marx mit seiner Farce.

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