Es wurde eifrig missioniert

Da die Hoffnung bekanntlich zuletzt stirbt, bin ich guten Mutes, dass nach einer Woche, in der die deutschen Medien den Aufruf, den 60 Persönlichkeiten meist gesetzteren Alters, also Kriegs- bzw. Nachkriegs-Erfahrene, unterstützen, zum Verriss freigegeben haben, den Unterzeichnern – ich hoffe, die haben Lust, sich der Kritik, die schriller und hysterischer nicht ausfallen kann, zu erwehren – die Chance gegeben wird, sich zu verteidigen. Wenn sich die Personen, die mit dem Geschriebenen nicht einverstanden sind, sich damit zufrieden gegeben hätten, ihre Sicht der Dinge kundzutun, wären die vielen Gegenpamphlete, die angesichts des hohen Ansehens jener, die Russland nicht bestraft sehen wollen, veröffentlicht werden mussten, einigermaßen erträglich, unter Umständen sogar auch lesenswert gewesen. Leider hat keiner der Autoren, deren Antworten ich gelesen habe, der Versuchung, die Unterzeichner zu belehren, widerstanden. Der Tenor ist, dass sie bar jeder Vernunft und wider besseres Wissen Ansichten vertreten, die man nicht haben kann. Mit anderen Worten – eine Woche lang hat man versucht, die Leser zu missionieren, sprich ihn davon zu überzeugen, dass an allem Russland schuld wäre. Mit wenig Erfolg, jedenfalls bei mir. Oft hapert es bei mir mit den Zusammenhängen. So ist mir unklar, wie Dietz darauf kommen kann, dass jene, die den Aufruf unterschrieben haben, etwas gegen die Freiheit der Ukrainer haben könnten. Vermutlich fehlt es mir da an Scharfsinn. Und warum will er sich für Platzeck entschuldigen? Der Mann ist einfach nur Realist. Hat nicht Steinmeier, weil er die Absetzung Janukowytschs hinnahm, den Maidan verraten? Während Dietz sich der Romantik hingibt, stürzt sich Werner Schulz, der auf ein Gedicht Jewtuschenkos, das mir, da sich Putin uneingeschränkter Zustimmung erfreut, als unpassend erscheint, verweist (der Autor selbst hat den Mann im Kreml noch nie kritisiert), ausnahmsweise mal gleich ins Gefecht, was nicht weiter verwundert, ist doch heute fast jeder gegen Putin. Neues hat Schulz nicht zu bieten. Alles nur Lufthiebe. Konkretes ist ihm völlig fremd. Schulz hat sich seine Welt zusammengeschrieben. Und dann gibt es noch einen Gegenaufruf, in dem sich die Unterzeichner gleich zu Beginn des Textes mit dem Hinweis, jene 60 hätten nicht die Expertise zum postsowjetischen Raum und keine Spezialkenntnisse zur Ukraine (Leser, die Deutsch lernen, möchte ich darauf hinweisen, dass ich statt zum und zur über verwendet hätte), unbeliebt machen. Dass die überwältigende Mehrheit jener, die sich professionell mit dem Konflikt auseinandersetzen, wisse, wer Aggressor (Russland) und Opfer (Ukraine) sei, mag stimmen. Nichtsdestoweniger gibt es Leute, zu einer völlig anderen Einschätzung kommen. Einer der bekanntesten ist Mearsheimer. Ein Ende des Zanks ist nicht in Sicht.

Wenigstens hat mein Lieblingsklub es geschafft, sich für die K.o.-Runde der CL zu qualifizieren. Leider gab es einen Wermutstropfen – die Schal-Saison hat bereits angefangen. Meist ist mir das erst im Februar, wenn Kosslick, der die Berlinale leitet, im Fernsehen auftaucht, bewusst geworden. Pep Guadiola hat es am Mittwoch geschafft, ihn zu übertreffen. Mindestens dreimal hat er ihn um den Hals gewickelt. Schal und Sakko – was für ein Anputz. Keine Ahnung, wie er es geschafft hat, unter dem Ungetüm Luft zu bekommen.

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