Die Krux mit den Namen im Alter

Da selbst nach dem schlechtesten Fernsehprogramm, das es je zu Weihnachten gegeben hat, die alter Kater-Regel, die besagt, man solle mit dem Getränk, das man als letztes getrunken hat, in den Tag starten (aus materiellen und logistischen Gesichtspunkten ist es gut, am Ende der Sause etwas Alltägliches zu sich zu nehmen), gilt, frage ich mich, was ich wohl gemacht hätte, wäre 3Sat nicht mit seinem Programm aus der Rolle gefallen – obwohl beide nur die Herkunft und das Kriminalisieren eint, habe ich mich dank deren Hitchcock-Reihe sehr gut auf „Mr. Holmes“ einstimmen können. Dabei hat der Film das Zeug, selbst einmal zum festen Bestandteil des Festes zu werden – in 30 Jahren, wenn neben Opa und Oma noch die Ur- oder gar Ururgroßeltern gemeinsam mit ihren Kindern und Enkeln Weihnachten feiern. Mit dem Alter soll es schließlich weiter noch oben gehen. Wer will noch den kleinen Lord sehen, wenn zum Fest die Uris, denen es schwerfällt, sich die Namen ihrer Enkel zu merken, auftauchen? Natürlich niemand. Dank Holmes kann sich die Familie schon einmal darauf einstimmen, was sie zu erwarten hat. Dabei wären bspw. angesichts der lateinischer Wörter, die er wegen seiner Eitelkeit nicht für sich behalten kann, viele froh, wenn sie dessen Wissen hätten (ich bin überlege noch, ob ich auch zu denen gehöre). Leider spielt ihm sein Kurzzeitgedächtnis einen Streich. Und natürlich hat er Probleme mit den Namen, was vermutlich mit seiner Lebensweise (kaum Freundschaften und Bekannte) zu tun hat. Nach Gesellschaft hat er sich nicht gesehnt. Wenn ein Gehirn auf Logik trainiert ist, sieht es keinen Sinn darin, sich Personen einzuprägen. Spielen diese Gesichtspunkte eine Rolle, kann sich die Generation Facebook freuen – ihr könnte es im Alter erspart bleiben, sich den Namen ihres Gegenübers, bei dem sie womöglich länger zu Gast ist, auf den Ärmel zu schreiben (der schlauer Fuchs weiß sich auch als Greis zu helfen). Und wer in seinem Leben ein Ereignis systematisch verdrängt hat, wird Schwierigkeiten haben, im Stadium der Demenz sich daran erinnern zu können. Das genau treibt Holmes um – warum hat er vor knapp 30 Jahren seinen Job als Detektiv an den Nagel gehängt (mit politisch korrekten 65 Jahren). Bei der Suche ist ihm der Sohn seiner Haushälterin behilflich (ein Lebenselixier, der seinen Geist zum Nachdenken anregt). Anders als in den meisten Filmen, in denen es eine Zeit braucht, bis sich beide wertschätzen, haben die zwei sich gesucht und gefunden. Kooperation ab der ersten Minute. MacKellen, der Gandalf, dessen Rolle in berühmt gemacht hat (außer bei mir, denn ich habe ihn als solchen nicht auf Anhieb erkannt), gibt einen wunderbar altmodischen und eitlen Holmes, dem alles, was für ihn typisch ist, fehlt. Holmes war nie distinguierter. Zuweilen ist er sehr arrogant, jedoch nicht derart, dass er mir unsympathisch ist. Die Holmes, die ich kenne, sind sehr eigensinnig. Dieser zeigt sich kooperationsbereit. Wem es nichts ausmacht, Holmes ohne dessen berühmte Mütze zu sehen, wird auf seine Kosten kommen.

PS: Leider habe ich mir nicht gemerkt, wie man dessen Bedeckung, auf die im Film eingegangen wird, bezeichnet.

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