Der „Endsieg“ bleibt einfach unberechenbar

So ist das mit dem „Endsieg“ – man denkt, man hat ihn, um dann festzustellen, dass man meilenweit davon entfernt ist, ihn zu erreichen. Zelenskyj, dessen Generäle sich vor ein paar Wochen sicher waren, Weihnachten vor der Krim zu stehen, schien er zum Greifen nah. Aber der „Endsieg“ wäre kein „Endsieg“, wenn man ihn mit den Händen ergreifen und festhalten könnte. Oft ist er so glitschig, so dass man ihn nicht fassen kann. Dann taucht er plötzlich vor einem auf, um schnell wieder zu verschwinden. Wie ein Gespenst. Oder als Fata Morgana, mit dem Effekt, dass noch härter als sonst gekämpft wird. Glaubt man an ihn, fällt es schwer, ihm zu entsagen. Selbst größte Rückschläge können ihm nichts anhaben. Die Lage mag total hoffnungslos sein, der „Endsieg“ lässt sich immer erringen. Darum wird in der Ukrainer weiter jeder Meter verteidigt. Stellungskrieg nennt man das. Manche Bilder von der Front könnten auch aus dem 1. Weltkrieg stammen. Wenn es nicht so recht vorangehen will, werden Aktionen, die eigentlich nebensächlich sind, kriegsentscheidend, wie bspw. der letzte Drohnenangriff auf einen Flugplatz, auf dem Atomwaffen stationiert sein sollen, weit im Hinterland Russlands. Da dies nicht der erste Angriff ist, sollen die Flugzeuge verlagert worden sein, was vordergründig für die Ukrainer ein großer Erfolg wäre. In Wahrheit wäre es nur ein Prestigeerfolg, da sich am Kräfteverhältnis nichts ändern würde, außer dass die Mächte, die Zelenskyj über Wasser halten, wegen des längeren Flugweges nun mehr Zeit hätten, Kiew vor Luftangriffen zu warnen. (Ähnlich war es mit den U-Booten, die angeblich wegen der Nähe zur Front Sewastopol mussten. Dass die Russen in Noworossiysk einen neuen U-Boothafen haben bauen lassen, kam niemanden in den Sinn.) Für den Kreml haben solche Aktionen den schönen Effekt, die Ukraine stärker als sie eigentlich ist erscheinen zu lassen. (Nicht dass man die Drohne absichtlich durchgelassen hätte – das Uralt-Drohne aus sowjetischen Zeiten muss so vollgepackt mit Munition sein, dass deren Abschuss die Soldaten, die daran beteiligt sind, in tödliche Gefahr bringt. Angesichts des gewaltigen Rums, mit der sie detoniert, kann vermutet werden, dass es wohl am sichersten ist, sie in der Nähe des Flugplatzes abzuschießen.)
Lange Rede, kurzer Sinn – ein Ende des Krieges ist nicht in Sicht. Wie auch, befinden sich doch nicht nur Ukrainer und Russen im Schützengraben, sondern fast die gesamte Nordhalbkugel (Australien ist wieder die große Ausnahme). Welcher Politiker will da schon mit der weißen Fahne aus dem Graben winken?

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