Brexit und eine Lame Duck May

Sie haben es wirklich geschafft, über den Brexit abzustimmen – gerade noch rechtzeitig, um den Endruck zu vermeiden, der Brexit sei für die Briten eine Obsession, von der sie nicht mehr loskommen, geworden. Eine Sucht, der nur schwer beizukommen ist. Dafür spricht, dass selbst heute noch eifrig über das Thema diskutiert wurde. Knapp eine Stunde vor der Abstimmung hat ein Abgeordneter noch über seinen Vorschlag, den „Backstop“ zeitlich zu begrenzen, wählen lassen. Gerade einmal 24 Stimmen hat er erhalten. Nun ist alles vorbei. Es wäre beschönigend, zu sagen, May hat die Wahl, wie vorausgesagt, verloren. Das ist keine Niederlage, auch kein Debakel, sondern der Untergang, denn noch nie wurde in jüngster Vergangenheit ein Vorschlag einer Regierung mit einer so großen Mehrheit abgelehnt (230 Stimmen). Nun wird sie vermutlich als die Frau, die sich ständig verkalkuliert hat, in die Geschichte gehen – erst hat sie sich durch vorgezogene Neuwahlen um ihre Mehrheit gebracht, dann bringt sie die Abgeordneten gegen sich auf, indem sie die Brexit-Abstimmung ins neue Jahr verlegt. Das hat ihr etliche Stimmen gekostet. Vor Weihnachten wäre ihre Niederlage knapp ausgefallen. Immer falsch zu liegen hindert May aber nicht daran, als Premierminister weiterzumachen. Selbstbewusst hat sie angekündigt, den Abgeordneten morgen zu gestatten, sie abzuwählen. Natürlich wird sie die Vertrauensfrage gewinnen. Pack schlägt sich, Pack verträgt sich – morgen halten die Torries und die konservativen Iren wieder zusammen. Die Angst, Corbyn könnte den Sozialismus ausrufen, macht sie wieder zu einer Einheit. Da auf Coopers Anfrage, was die Abgeordneten tun können, damit Artikel 50 verlängert wird, der Sprecher des Parlaments antwortete, wenn sie dafür stimmten, würde er dies unterstützen, deutet vieles darauf hin, dass May als erste Lame Duck in die Geschichte des Königreichs eingehen wird. Das war bisher nur amerikanischen Präsidenten vorbehalten. Sollte May also bei ihrer Ankündigung, den Artikel unter keinen Umständen verlängern zu wollen, bleiben, wird Labour versuchen, sie per Abstimmung auszubremsen. Für die Torries wäre das ein Fiasko. Von daher ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie zurücktritt. Der EU bleibt nun nichts anderes übrig, als das Tor für die Briten so lange wie möglich wegen einer herrschsüchtigen und selbstherrlichen Frau so lange wie möglich offen zu halten. Es sieht wirklich so aus, als würde der Brexit ewig dauern.

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