Zwei Pyrrhussiege?

Ich weiß zwar nicht, was islamistische Fanatiker veranlasst, sich, wie sie glauben, für den Märtyrertod, den man nach Meinung einiger Gelehrter nur sterben kann, wenn man noch jemanden mit den Tod zieht, zu entscheiden (die Idee mit den 72 Jungfrauen, die einen Muslimen erwarten sollen, klingt für mich recht bizarr), jedoch habe ich keine Zweifel, dass in diese Rolle längst ein Muslim geschlüpft wäre, würde in einem Rechtsgutachten, das die UNO in Auftrag gegeben hat, stehen, er könne die Botschaft, in der er einen Haftbefehl auszusitzen versucht, völlig unbehelligt verlassen. Der moderne Märtyrer lässt sich eben von Experten bestätigen, dass er sich im Recht befindet. Das hat nicht einmal Jesus geschafft. Leider hat Assange keine Lust, diese Rolle zu spielen. Noch nicht, denn er wird bald merken, dass ihm das Urteil nur etwas nutzt, wenn England und Schweden demonstrieren, die Entscheidung nicht zu akzeptieren. Wie geht das besser, als sich festnehmen zu lassen. Danach sieht es aber nicht aus. Stattdessen werden nun dessen Rechtsanwälte versuchen, einen Weg zu finden, der die Behörden beider Ländern nicht allzu sehr bloßstellt. Das kann dauern – je länger, desto geringer wird das Interesse der Menschen an seinem Schicksal sein. Angesichts des ausgestellten Freifahrtscheins (für Laien ist dies einer) wird die Zahl deren, die dessen Haltung gutheißen, sinken. Daher würde ich mich nicht wundern, wenn er nun aufs Ganze geht.

Wie Putin, dank dessen Luftwaffe eine Armee, von der viele noch im September dachten, es sei nur eine Frage der Zeit, bis diese bezwungen sei, für ein zweites Stalingrad, dessen Folgen niemand abschätzen kann, gesorgt hat. Während nach der Kapitulation der 6. Armee den Alliierten klar war, dass sie gewinnen werden, steht in Syrien der Sieger noch nicht fest. Vermutlich wird es, sollte der Krieg je enden, nur Verlierer geben, was mit der Ankündigung der Saudis, das Kalifat bekämpfen zu wollen, wahrscheinlicher wird. Marschieren Assads Truppen weiterhin forsch auf die Grenze zur Türkei zu, sind die Tage des IS gezählt. Angesichts dieser Lage haben sie nur noch eine Chance, einen Fuß in die Tür zu bekommen – sie müssen gegen die Islamisten kämpfen. Jedoch sollte sich niemand wundern, wenn am Ende die Saudis die Kämpfer des IS zu Hiwis machen würden. Jeder, der gegen Assad, Putin und die Ayatollahs kämpft, kommt für die Saudis als Verbündeter in Frage. Da die Russen ihre neuestes Luftabwehrsystem nach Syrien verlegt haben, kann man davon ausgehen, das sie mit dem Schlimmsten, also dem Einmarsch der Türken, rechnen. Die hat Putin von ihrem Hinterhof fürs erste verjagt, was Erdogan nicht hinnehmen kann. Er will dort wieder rein, und weil dafür sorgen wird, dass die Flüchtlinge in der Türkei bleiben, kann er sich im Falle eines Einmarschs der Unterstützung Europas sicher sein. Der Schuldige für die jetzige Flüchtlingswelle ist bereits ausgemacht – die russische Luftwaffe bombe die Leute aus dem Land. Sie hätten aus dem Tschetschenien-Krieg nichts gelernt, heißt es. Komischerweise hält sich in den Foren, die sich mit dem Krieg in Syrien beschäftigen, die Kritik an der Taktik der Russen in Grenzen. Es gibt sogar Orte, in denen Assads Truppen von der Bevölkerung bejubelt werden. Da die Amerikaner die Rebellen mit Waffen, die sie den Osteuropäern abkaufen, beliefern (wenn dies ein Russe täte, wäre er ein Krupp), spricht vieles dafür, dass die Lage bald völlig außer Kontrolle gerät.

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