PSB wird anarchistisch – bei der Tour aber bleibt alles beim Altem

Der Titel „Love is a bourgeois construct“ kann vielversprechender nicht sein (vermutlich der aufregendste seit Jahren), und wenn Alexis Petridis dann noch schreibt, Karl Marx und Tony Benn wären auch mit von der Partie, zudem würden die Pet Shop Boys einen „musical lift“ (ich habe mich immer noch nicht entschließen können, ob ich den Ausdruck wörtlich nehmen soll oder ob ein Motiv aus der Oper gemeint ist) aus der Oper „King Arthur“, die 1691, so vermute ich, ihre erste Aufführung erlebte, „nutzen“, muss es sich um ein Meisterwerk handeln. Das zu prüfen, sollte eigentlich erst Mitte Juli, wenn das neue Album der PSB im Handel erhältlich ist, möglich sein. Das Duo konnte es aber nicht lassen, den Song vorher schon zu spielen, so dass dieser nun im Netz steht.

Welche Rolle Marx und Benn spielen, kann ich nicht sagen, paradoxerweise habe ich aber sofort gewusst, wann die „Opernmelodie“ einsetzt. Leider reicht das nicht, um als Opernexperte zu gelten, denn jeder Filmfan wird sagen, diese Klänge irgendwann schon einmal gehört zu haben – natürlich ist die Musik, die nach 10 Sekunden einsetzt, aus dem Film „Der Kontrakt des Zeichners“, was der Sache noch einen delikaten Touch gibt, geht es doch im Film um einen Maler, der auf einer sehr ungewöhnlichen Art der Entlohnung besteht, was ihm und der Frau, die sich darauf einlässt, später zum Nachteil gereicht. Der Film war eine riesengroßer Erfolg, Ob der Song auch so gefeiert wird, ist schwer einschätzen. Ich weiß nur, dass ich mich für die Studioaufnahme noch mehr begeistern werde.

Verfolgt überhaupt noch jemand die Tour auf Eurosport? Ausgerechnet wenn es gilt, frühere Fans, die glauben, die Fahrer wären eh alle gedopt, wieder zurückzugewinnen, ist die Tour langweiliger denn je, was nicht unbedingt an den Fahrern, sondern an der Planung des Veranstalters liegt, der zwar die Quotenbringer (Mount Ventoux, Alp d’Huez) als Etappenziele aufgenommen hat, jedoch darauf verzichtet, in der ersten Tourwoche eine Etappe, in der die Topleute den Sieg unter sich ausmachen, anzusetzen. Meist war das der Prolog am Tage der Eröffnung. Statt eines Einzelzeitfahren hat es eines mit der Mannschaft gegeben, was ich auch noch verpasst habe. Bis Sonntag werde ich mich gedulden müssen. Dann werde ich erst erfahren, wer sich mit wem duelliert. Das ist reichlich spät. (Das bedeutet natürlich nicht, dass diese Woche eine Spazierfahrt gewesen ist.) Wer nun denkt, mir ist nach einem Berg der höchsten Kategorie, irrt – ein Zeitfahren hätte mir völlig gereicht.

Dafür hat es die letzte Woche in sich (Zeitfahren, zig Bergetappen). Ich halte es nicht für übertrieben, zu schreiben, dass die Fahrer im letzten Drittel der Tour regelrecht verheizt werden. (Unter diesen Umständen – mörderischer geht es nimmer – kann ich ihnen nicht verdenken, wenn sie sich dopen sollten.) Trotzdem werden wieder viele gucken. Ich natürlich auch. Nichtsdestoweniger ist die Tour im Begriff, sich mit Straßenfegern im 24 Stunden Takt selbst abzuschaffen. Die Erwartungshaltung der Zuschauer wird immer größer. Und damit auch der Druck auf die Fahrer. Sollte Wochen später die Meldung kommen, der Toursieger sei des Dopings überführt worden, würde mich das nicht wundern. Diese Hiobsbotschaft würde sicherlich für einige Rennställe das Aus bedeuten, was der Tour nicht gut täte. Bei der 100. Tour hätte es sich angeboten, kürzer zu treten. Stattdessen hat man einen noch schwierigeren Verlauf als sonst gewählt. Wenn sich das mal nicht rächt.

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