Nur wegen der Sultane – Erdogans nächster Coup

Wenn der Kaukasus versperrt ist und die Eroberung Wiens ein Traum, der sich nie erfüllen wird, bleibt, dann hat der Nachfolger der Sultane keine andere Wahl, als zu versuchen, in Regionen im Osten, die das Osmanische Reich schon mal sein Eigen nennen konnte, Fuß zu fassen – wenn Erdogan seinen Namen schon nicht in die Liste der Sultane hinzufügen darf, dann kann er wenigstens versuchen, so zu tun, als sei er einer. In der Türkei klappt das sehr gut. Außerhalb seines Landes reicht es gerade mal für ein paar Pufferzonen, aus denen die einheimischen vertrieben werden, so dass Platz für Flüchtlinge und ehemalige IS-Kämpfer samt deren Familien ist. Dass Aserbaidschan sie nicht haben haben will, besagt angesichts fehlender Nachrichten über Menschen, die freudig in die Gebiete, aus denen sie die Armenier in den 90er Jahren rausgeschmissen haben, zurückkehren, gar nichts – spätestens wenn die Russen sich weigern sollten, Berg-Karabach zu verlassen, ist das Thema wieder auf dem Tisch. Nun hat Erdogan wieder ein Land, das sich bestens eignet, Flüchtlinge aufzunehmen, gefunden – nämlich die Ukraine, wo Selenskyi, ganz im Gegensatz zu Aliyev, der sich mehr als 20 Jahre auf den Krieg mit Armenien vorbereiten konnte, es aus innenpolitischen Gründen ganz eilig hat, wenigstens den Donbass zurückzuerobern, wobei ihm die Krim, wie dieses Interview zeigt, viel lieber wäre. Statt anzuerkennen, dass Sewastopol ein Bevölkerungswachstum, das in Europa seinesgleichen sucht, erlebt, schwafelt er darüber, dass Tschernobyl mehr Touristen als die Krim haben werde. Kein Wunder, dass der Kreml alles, was er hat, an die Grenze zu Ukraine karren lässt – der Mann will nicht die Leute, die auf der Krim leben, befreien, sondern die Leute, die sein Land noch nicht verlassen haben, für den Krieg motivieren. Aber es ist nicht so, wie es scheint – der Ukraine will keinen konventionellen Krieg, einen mit Panzern und Infanterie. Dank der Drohnen Erdogans glaubt man, gegen den Donbass einen hightech Krieg führen zu können. Und da er Soldaten, die sie steuern können, geschickt hat, muss es nun so schnell wie möglich losgehen (es ist zu lesen, dass IS-Leute und „normales“ türkisches Militärs sich auch schon im Land befinden sollen). Wenn Selenskyi meint, die Erfolgsstrategie der Aserbaidschaner kopieren zu können, wird das im Chaos enden. Noch mehr Einwohner als ohnehin schon werden das Land verlassen. Genug Platz für Flüchtlinge aus der Türkei. Ein Teil der Ukraine werden auch als Neurussland bezeichnet. In 20 Jahre könnte es die Neutürkei geben. Das wäre ganz im Sinne der Sultane.

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