Duo Infernale und Hoffnung – einer überzeugt bisher

An alles mögliche dürften die SPD-Oberen, bevor sie sich entschieden, ihr Führungs-Duo am letzten Tag des Novembers zu präsentieren, gedacht haben, aber auf den Gedanken, dass zur gleichen Zeit in den Kinos ein Duo Infernale um die Gunst der Zuschauer kämpft, ist niemand gekommen. Leider ist „The Lighthouse“ nur ein Arthouse Film, in den sich SPD-Wähler kaum verirren dürften. Und sollte wirklich einer den Weg finden, dann würde er nie auf den Gedanken kommen, Parallelen zwischen beiden zu ziehen, obwohl beide zu einer Klientel gehören, deren angeblicher Rückgang die alte Tante in die Krise getrieben hat. Sicherlich ist es ganz anders, und vielen Leuten ergeht es wie dem Duo im Film – sie verschwinden, ohne dass jemand es merkt. Schon der Beginn, vermutlich einer der besten Filmanfänge der jüngsten Zeit, lässt nichts gutes Erahnen – monoton stampft das Schiff, mit beiden Protagonisten nahe am Bug stehend, auf die Leuchtturm-Insel, die unwirtlicher nicht sein kann, zu. Während das Stampfen des Schiffes noch ganz gut ertragen werden kann, ja sogar einen richtigen Rhythmus hat, ist das Signal, das der Leuchtturm unablässig von sich gibt, nur schwer zu verdauen. Auf dem Nachhauseweg habe ich mich gefragt, wie ich die Nacht im Turm am Kap Finisterre überstanden habe. Aber das war natürlich nichts gegenüber dem Leben, das Winslow und Wake auf der Insel führen. Letztgenannter, gespielt von Defoe, ist ein Ahab-Verschnitt, der bei weitem nicht an das Format des Originals, der seine Leute noch überzeugen musste, ihm zu folgen, herankommt. Wake ist eine reine Autoritätsperson, der nichts in seinem Leben dazuzulernen brauchte – sehr zum Leidwesen Defoes,, der sich so recht nicht austoben kann, da die Figur so ausgelegt ist, sich nur hinter ihrem Status zu verstecken. Demzufolge macht es mehr Spaß, Pattinson, dessen Winslow vielschichtiger ist, zu folgen. Dass das auf Dauer ohne einen Betriebsrat, der jede Woche vorbeikommt, um nach dem Rechten zu sehen, nicht gut enden kann, wird schnell klar (die gab es Ende des 19. Jahrhunderts noch nicht). Wie die Sache mit Esken und Borjans ausgehen wird, weiß heute noch niemand, auch wenn die meisten Journalisten dem Duo keine guten Chancen zubilligen. Dessen Pläne für die Wirtschaft werden massiv kritisiert, was aber nicht weiter verwundert, ist doch ein Wunder eingetreten – nach langer Zeit hat wieder mal ein Volkswirt (Borjans) es an die Spitze geschafft. In einem Land, das von Rechtsanwälten regiert wirkt, erzeugt das natürlich Unruhe. Die Zahlen, die die Union verehrt, sind ihm nicht heilig. Deren Nullen ignoriert er. Im Augenblick sieht ganz danach aus, als ob er seine Ziele erst nach dem Ende der Legislaturperiode in Angriff nehmen kann – erst einmal geht es weiter mit der Groko. Aufgabe beider ist es, für einen ordnungsgemäßen und glaubhaften Rückzug zu sorgen. Das ermöglicht ihnen, mit den Plänen, die sie ausgearbeitet haben, in den Wahlkampf zu ziehen. Wenn gerade einmal rd. 29 % der Parteimitglieder sich für die beiden entschieden haben, ist es schwer, auf dem Parteitag die große Wende zu fordern (selbst der Brexiters haben mehr Stimmen erhalten).

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