Das Friedrichjahr kündigt sich an

Ihm, der die Menschen, da er sie alle für bestechlich und leicht beeinflussbar hielt, nicht sonderlich mochte, wäre höchst unwohl, könnte er erleben, welcher Aufwand betrieben wird, seinen Geburtstag zu feiern. Ein ganzes Jahr widmet man jenem, der in der Stunde seines größten Erfolgs, als nämlich seine Rückkehr als Sieger eines langen Krieges in die Hauptstadt ausgiebig gefeiert werden sollte, sich aus Scham angesichts der Kriegsgräuel, die er mit zu verantworten hatte, entschloss, auf Schleichwegen in sein Schloss, das er überhaupt nicht mochte (leider mögen unsere Politiker es), zu gelangen. Auf die Idee, Friedrich II. deswegen als Humanisten zu bezeichnen, wird kaum jemand kommen, ja vielen werden sich auch vom Tamtam, das bald über uns hereinbricht, nicht davon abbringen lassen, in ihm, der den sich vom Schlachtfeld zurückziehenden Soldaten die Worte „Kerls, wollt ihr denn ewig leben?“ entgegenschleuderte, weiterhin den Wegbereiter allen späteren Übels zu sehen. Dass wir trotzdem seinen 300. Geburtstag feiern, liegt daran, dass er neben der militärischen auch eine künstlerische Ader gehabt hat, aus der (Bau)Werke hervorgegangen sind, die, da sie die Stürme der Zeit unversehrt überstanden haben, noch heute von der Allgemeinheit bewundert werden. Wie fast alle Herrscher jener Epoche hat er die Kulisse, in der gefeiert werden soll, bereits selbst errichten lassen. Diese muss nur noch ein verhübscht und dem Zeitgeist angepasst werden, was aber weit billiger kommt, als etwas Neues für ihn zu errichten. Dass die Berliner und Potsdamer die Stadtschlösser zurückerhalten, hat jedoch nichts mit ihm zu tun. Gut finde ich die Idee des Spiegels, in seinen Geburtstag hinein zu feiern – in der neuesten Ausgabe findet sich ein sehr informativer Artikel sowie eine DVD über ihn. Spiegel online kann da natürlich nicht nachstehen – der Betrag, der sich seiner Person widmet, enthält zwar weniger Informationen, dafür aber kann die Webseite mit einem Quiz aufwarten, das mich als Friedrich-Kenner ausweist. Hätte ich die blöde Fridericum Frage richtig beantwortet, würde ich als Experte gelten. Auf der Titelseite des Spiegels, wo er selbstverständlich auch zu finden ist, macht er aber keine gute Figur. Erst dachte ich, es würde am Gesicht, für das Augstein junior Modell, die Ähnlichkeit ist frappierend, gestanden habe muss, liegen. Dann fiel mir der Stock auf, der zu dem zeitlosen Gesicht, das eine Schätzung seines Alters unmöglich macht, einfach nicht passen will. Scheinbar hält absolute Machtausübung jung. Zudem kommt er zu korrekt und ordentlich daher.
Soll das Friedrich sein (Mir fällt da ein Spruch meine Oma, der mit zu gut gefällt, ein – „Der Alte Fritz will König sein Und weiß nicht mal, dass dieser Frist Des Mittwochs keine Schule ist“.)? Dabei existiert von ihm eine Beschreibung, in der weitaus besser seinen Charakter und seiner Widersprüchlichkeit zur Geltung kommt. Bruno Frank hat sie in seiner Erzählung „Tage des Königs“ geliefert, als er nämlich schreibt „unmutig, beinahe mit Ekel blickte er auf den verwahrlosten, starrsinnigen, alten Menschen da im Sessel, diese proletarische Karikatur eines Weltruhms“. Weiter vorne ist u. a. noch zu lesen, er wäre angezogen wie immer, „nachlässig und ärmlich wie nicht der letzte Fourageoffizier in einer westpreußischen Garnison“. Diesen Friedrich hätte ich gerne auf der Titelseite gesehen.

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