„Cold War“ im Kino und auf der Insel

„Cold War“, das ist die Liebesgeschichte dieses Jahrzehnts, auch wenn die Kartenverkäufer nach der letzten Vorstellung die Namen derer, die den Film gesehen haben, mühelos aufsagen könnten, wenn diese beim Kauf der Tickets ihre Ausweise vorlegen müssten. Lady Gaga muss sich damit trösten, dass wir nicht mit den Tragödien und den Leiden, die früher selbstverständlich waren, aufwarten können. „Cold War“ kann da, von den Zuschauern, der Länge des Films und den Namen der Schauspieler mal abgesehen, mit den großen Filmen, die in diesem Metier Geschichte geschrieben haben, also „Titanic“ und „Dr. Schiwago“, schon eher mithalten (ich muss anführen, dass ich den Untergang des Schiffes nicht verfolgt habe, so dass ich nur vermuten kann, dass dem so ist). Während in den beiden Topfilmen der Zufall und die Umstände den Protagonisten arg zusetzen, sind in Pawlikowskis Film die beiden Leute für des Ergebnis ihres Tuns größtenteils selbst verantwortlich, was „Cold War“ natürlich zu einer etwas schwer verdaulichen Kost macht – da Schicksalsschläge fehlen, fällt den beiden Verliebten nicht automatisch die Sympathie des Zuschauers zu. (Das muss reichen – je weniger man von der Handlung weiß, desto besser. Ein Muss für jeden. Vom Gucken ist nur befreit, wer keine polnische Volksmusik mag.)

„Cold War“ bieten auch die Briten. Und es sieht nicht so aus, als ob sie ihren Krieg schnell beenden werden. Da May auch im Falle einer Niederlage im Unterhaus, wofür fast alles spricht, im Amt bleiben will, ist nun die große Frage, ob sie dann bereit ist, Artikel 50 zurückzuziehen bzw. eine Volksabstimmung zu erlauben. Vermutlich muss Labour versuchen, selbst in die Downing Street zu kommen, was nicht einfach wird. Ob dann noch Zeit bleibt, eine Abstimmung zu organisieren, ist höchst zweifelhaft. May, so scheint es, will aus dem Amt geprügelt werden. Am Ende wird wohl noch die Queen über den Verbleib entscheiden müssen. Zudem führt sie auch die EU, die mit ihr am Wochenende den Austritt perfekt machen will, vor. Die Regierungschefs der Mitgliedsstaaten schließen mit ihr einen Vertrag, von dem sie wissen, dass sie ihn nicht durch das Parlament bekommt. Besonders klug ist das ist. Es sei denn, man will den Briten zu verstehen geben, dass sie in Brüssel unerwünscht sind. Alleine schon wegen der langen Gesichter, die die Regierungsvertreten machen werden, wenn Corbyn in der Runde Platz nimmt, muss der Ausstieg verhindert werden.

PS: „Cold War“ auch bei den Philosophen. Zizek gegen den Rest der Welt. Habe aber nur kurz hineinhören können.

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