Letztes Jahr in Marienbad

Ob das British Film Institute und ARTE abgesprochen haben, oben genannten Film ungefähr zur gleichen Zeit zu zeigen, weiß ich nicht, jedoch ist mir bewusst, dass ich den Ort als Kind nicht sonderlich attraktiv fand, darum ich auch später, als trampen noch en Vogue war, es nie für nötig gehalten habe, dort eine Pause zu machen, um mir die Parks und Kuranlagen anzuschauen. In die Stadt musste man, wenn ich es recht in Erinnerung habe, dank einer Umgehungstrasse auch nicht hinein, wenn man in den Süden wollte. Zudem waren, wie jeder, der zu DDR-Zeiten entweder mit dem eigenen Pkw oder per Anhalter durch die Tschechoslowakei reiste, weiß, die Straßen dort so gut, dass jedem Autonarr das Stoppen ungeheuer schwer fiel. Man hielt nur an, um Knödel zu essen oder ein Bier zu trinken. Warum sollte man auch wertvolle Zeit in Museen und Parks verbringen, wenn man mit seinem Auto auf einer samtweichen Asphaltdecke, die völlig eben war, dahingleiten konnte? Im Nachhinein scheint es mir, als hätten den Tschechen beim Asphaltieren ihrer Straßen Lasergeräte, die selbst die kleinste Unebenheiten anzeigen, zur Verfügung gestanden. Ich vermute, dass 1961, als der Film gedreht wurde, Tschechiens Straßen den Ruhm Marienbads noch nicht in den Schatten gestellt haben dürften, vom Ort also immer noch eine gewisse Magie, vor allem dank seiner illustren Gäste, ausging. Denn wie anders ließe sich sonst erklären, dass der Regisseur seinen Film, in dem mondäne Leute im Mittelpunkt stehen, an einen Ort spielen lässt, den seit ungefähr 10 Jahren ausschließlich einfache Leute besuchen, um dort zu kuren? Und dann der Titel, der heute eindeutig gegen die Political Correctness verstößt. Wie gut, dass es damals das Wort noch nicht gegeben hat, denn nach den jetzigen Richtlinien wäre den Machern, die etwas drehen, was in der Gegenwart spielt, nichts anderes übrig geblieben, als ihren Film den Titel „Letztes Jahr in Marianske Lazne“ zu geben, womit das Publikum aber nichts anzufangen gewusst hätte, müssten doch für Ausländer die deutschen Bezeichnungen der drei Orte, die im Kurdreieck liegen, noch sehr geläufig gewesen sein. Heute mag dies anders sein, nichtsdestoweniger sollte Marienbad immer noch einen gewissen Klang haben, der aber mehr im Mystischen liegen dürfte.

Heute Abend auf ARTE.

http://www.guardian.co.uk/film/movie/34855/last-year-in-marienbad

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2 Antworten zu Letztes Jahr in Marienbad

  1. Ingmar sagt:

    Der like Button wuerde sich gut im Blog machen, oder ist er mir entgangen?

  2. Was vom Herzen kommt, das geht zu Herzen.

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