Wer mit dem Wolf tanzt, der braucht sich nicht zu wundern,

wenn er von ihm in die Enge getrieben wird, auch wenn die FDP sagen kann, niemand habe ahnen können, dass Merz auf die Idee kommen würde, sich in einen Wolf zu verwandeln. Das hat er natürlich nicht getan, um jemanden aufzufressen, so wie bei Rotkäppchen, sondern um seine Kollegen zu beeindrucken – wie Schafe sollten sie vor ihm weglaufen. Nach seinem Abstimmungssieg am Mittwoch schien es so gut wie sicher zu sein, dass sein Gesetzentwurf, der den Zuzug Familienangehöriger jener Menschen, die bleiben dürfen, obwohl deren Asylantrag abgelehnt worden ist, untersagt, locker durchs Parlament kommen würde. Ein erfahrener Wolf hätte sicherlich noch mal die Schafe, die sich nicht von der Stelle rühren, gezählt. Ebenso ein Oberschaf, auch wenn es nur feststellen will, ob seine Herde noch vollständig ist. Merz und Lindner hielten das für nicht notwendig, vielleicht, weil die Maschinerie, die sie in Gang setzten, sich eh nicht mehr hätte aufhalten lassen. So kam es, wie es kommen musste – statt seine abgemagerte Herde mit Kraftfutter zu versorgen, hat der Chef der FDP sie zur Schur geschickt, das mitten im Winter. Nackter als die Liberalen kann man gar nicht sein – im Augenblick stehen sie für gar nichts. Bei einem Abstimmungserfolg hätten sie sich den Wählern als Hardlinern in Sachen Immigration präsentieren können. Nun können sie nur darauf hoffen, dass Merz nicht von jeder Wahlbühne, die er in den kommenden Wochen betritt, herunterruft, die FDP sei für die Niederlage, die er einstecken musste, verantwortlich. Viele liberale Abgeordnete haben nämlich an der Abstimmung erst gar nicht teilgenommen. Parteidisziplin sieht anders aus. Lindner steckt in einem Dilemma – was er auch sagt, keiner nimmt es ihm ab. Fordert er in einer Diskussionsrunde eine härtere Asylpolitik, wird er von den anderen ausgelacht. Wegen des Abstimmungsverhaltens wird auch niemand auf die Idee kommen, anzunehmen, sie sei zu ihren Wurzeln zurückgekehrt. Der Partei hätte besser daran getan, in der Ampel nach Kompromissen zu suchen. Stattdessen ist sie Merz’ erstes Opfer geworden. Man ist in ein friendly Fire geraten. Der Wolf hat seine Wirkung überschätzt.

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