Hätte Schröder 2002 geahnt, wie angesehen und beliebt Männer mit grauen Haaren mal sein würden, wäre er sicherlich nicht auf die Idee gekommen, etwas zu tun, das zu erwähnen mir per Gerichtsentscheid nicht erlaubt ist. Falls aber wirklich alles echt war, hätte er sich sicherlich dazu entschlossen, jene grauen Stellen, über die nicht berichtet werden darf, von einem Fachmann machen zu lassen. Vermutlich würde dann sein Bild in jedem Friseurladen hängen (der Schwindel wäre sicherlich herausgekommen). Und es gäbe Ratgeber, die erklären, wie man selbst grau werden kann. Ob ein leicht ergrauter Schopf ihn länger im Amt gehalten hätten, weiß ich nicht zu beurteilen. Es gibt aber viele Männer, denen das Ergrauen ihres Haares beruflich nicht geschadet hat. Zu denen gehört zweifellos Clooney – in diesem Jahr hat er die Chance, den Oscar als bester Hauptdarsteller zu gewinnen, und das in einem Film, dessen Handlung mindestens so grau wie sein Haar ist, denn in „The Descendants“ dreht sich alles ums Abschiednehmen von seiner im Dauerkomma liegenden Frau, die verfügt hat, in einer derartigen Situation die Geräte abzuschalten. Es ist also Eile geboten. Das ist aber nicht so einfach, denn bevor er, seine Familie und seine Freude sich anständig verabschieden können, gilt es, ein paar Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Zu einem muss er das Vertrauen seiner Töchter gewinnen (für jemanden, der verkündet hat, Kids nicht zu mögen, gelingt ihm das recht gut). Als Treuhänder (Rechtsanwaltskanzlei) eines hawaiianischen Familienclan (ja, George spielt einen Ureinwohner) ist er beauftragt, ein großes Areal, das gänzlich unberührt ist, an Investoren, die dort einen Hotelkomplex errichten wollen, zu verkaufen. Zu allem Überfluss erzählt ihm noch seine Tochter, dass seine Frau einen Geliebten hatte. Dass trotz brisanter Ingredienzen und vielversprechender Handlungsstränge der Film nicht das hielt, was ich mir versprochen hatte, dürfte verschiedene Gründe haben. Zum einen liegt es an der Handlung selbst – wer selbst erlebt hat, wie Personen, die einem nahestehen, sterben, verspürt nicht viel Lust, im Kino zu sehen, wie jemand aus dem Leben scheidet. Der Regisseur zeigt das so gut, dass ich den Film als Lehrfilm in Sachen Sterbehilfe empfehlen kann. Wer noch gerne Aufnahmen von Hawaii mag, wird auch Gefallen am Streifen finden. Der eine oder andere dürfte nach dem Film gar mit dem Gedanken spielen, eine Reise dorthin zu buchen. Ich bin mir aber nicht wirklich sicher, ob der Regisseur jene Bilder, sie zeigen, wie schön es sich auf Hawaii leben lässt, hätte weglassen sollen. Spannender wäre es sicherlich nicht geworden. Mit Gewissheit kann ich sagen, dass die Schönheit Hawaiis dazu beigetragen hat, eine Atmosphäre zu schaffen, die man nur einen Bach, in dem das Wasser ruhig daher fliest, ja fast steht, findet, die Handlung also vor sich her plätschert. Nur Clooneys jüngste Tochter sowie der Freund seiner älteren Tochter bringen ein wenig Abwechslung in den Film rein. Und von ihm kommt herzlich wenig. Einmal zeigt er, wie gut er noch rennen kann. Ansonsten unterscheidet ihn nicht viel von jemanden aus dem echten Leben. Schwer zu sagen, ob das für den Oscar reicht. Ein wenig mehr Charisma hätte er für meinen Geschmack schon zeigen können. Den Zuschauern gefällt es, ich aber habe fühle ich mich in meiner Meinung, dass schöne Männer es im Leben viel einfacher haben, bestätigt. Einmal Beau, immer Beau, selbst graue Haare können das nicht ändern.
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