Solange der Deutsche, wenn er auf Arbeit fährt, nicht in der Straßenbahn eine Sitzreihe für sich sowie im Auto niemanden vor und neben sich hat, wird es ihm nichts ausmachen, dass es ihn bald nicht mehr geben könnte – selbst die heutigen Horrordaten, die besagen, wir hätten die niedrigste Geburtenrate der Welt, wird ihn nicht ermutigen, daran etwas zu ändern. Da der erwachsene Deutsche seinesgleichen nicht ab kann, fällt es ihm schwer, sich vorzustellen, dass seine Kinder sich mit anderen verstehen könnten. Einzig die gebetsmühlenartige Litanei, deren Melodie bald derart schrill und aufdringlich klingt, dass unser Gehör die Beats, die auf einer Technoparty zu hören sind, als angenehm empfinden wird, der Ökonomen, die predigen, die Deutschen verlören wegen ihre Kinderlosigkeit ihren Wohlstand, kann das Land noch vor dem Untergang retten. Wenn nicht droht jenen, die in 30 Jahren noch arbeitsfähig sind, ein Schicksal, das jeder, der ab dem 10. Juni in London weilt und 300 Pfund übrig hat, am eigenen Leib erfahren kann – ausgerechnet ein Deutscher ermöglicht Interessierten, in einem fahrenden Bett die Nacht zu verbringen. Während das Bett die Galerie nicht verlässt, kann es angesichts des Arbeitskräftemangels durchaus sein, dass man nach der Arbeit (selbstverständlich nie vor 23:00 Uhr) sich in der Waagerechten nach Hause kutschieren lässt. (Das ist noch besser als bei offenen Fenster zu schlafen. Im Winter wird das Gefährt natürlich mit einem Dach und einer Heizung versehen.) Die Arbeitenden leben in Siedlungen, in denen sich die Ungetüme ungehindert bewegen können. Zur Arbeit geht es sicherlich weiterhin auf althergebrachte Art. (Die Studie, die besagt, die Anfahrt im Bett sei gesünder und motivierender, wird nie erstellt werden.) Schöne neue Welt, in der, wie kann es auch anders sein, das Wort Urlaub auf dem Index steht – wer den fordert, muss auf den Komfort, den das rollende Bett bietet, verzichten. Lt. Time (leider nur im Abo) wissen heute schon viele Amerikaner nicht, dass es bezahlten Urlaub gibt. Darum haben sie den Artikel auch mit „Save the vacation“ betitelt. 16 Tage nimmt der Amerikaner im Schnitt. Um heute mit „Brummpa“ Ferien machen zu können, muss dieser Rentner sein. (Ich werde wehmütig, wenn ich daran denke, welche tolle Filme Hollywood hätte produzieren können, wenn die Amerikaner heute genauso lange wie in den 60ern urlauben würden.) Die Tabelle, die Time abgedruckt hat, fängt 1980 an. Dreimal dürfen Sie raten, wann die Zahl der bezahlten Urlaubstage am höchsten war? Richtig, in den 80ern, genauer 1985. Zwei Jahre zuvor bezeichnete Reagan die Sowjetunion als „Reich des Bösen“. Wundert sich da noch jemand, dass die Amerikaner Putin zum Dämon erklären? Mit dem alten Dämon hat es sich ja ganz gut gelebt. 21 Tage muss Putin knacken. Das schafft er nie im Leben.
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