Was müssen das für Fußballer sein, die auch Spiele, die, da die Mannschaft bereits seit gefühlten anderthalb Jahren qualifiziert ist, eigentlich unnütz sind, noch gewinnen? Ich stehe vor einem Rätsel, das ich mir selbst geschaffen haben, denn das letzte Match, was ich mir angeschaut habe, war das gegen Spanien vor mehr als einem Jahr. Seitdem habe ich die Mannschaft ignoriert, was nicht mit Absicht geschehen ist, sondern meinem Desinteresse, für das es angesichts der guten Leistungen keine Begründung gibt, geschuldet sein dürfte. Nun bringt mich, ich hoffe, die Neugier hält bis zum Abend an, die Aussicht, dass das Team auch zehnte Ansetzung von insgesamt zehn Begegnungen gewinnen könnte, wieder dazu, mich vor den Fernsehen zu setzen, um mir das Spiel anzusehen und mich über Béla Réthy aufzuregen. Ich weiß nicht, ob es je eine Land geschafft hat, sich für ein Turnier zu qualifizieren, ohne einen einzigen Verlustpunkt auf ihrem Konto zu haben. Das dürfte einmalig sein. Und ausgerechnet die Deutschen, die bisher als Fußballminimalisten verschrien gewesen sind, stellen diesen Rekord auf. Seit Generationen, zumindest seitdem ich schaue, haben deutsche Fußballer das Spielen eingestellt, sobald die Teilnahme sicher war. Es war deren Markenzeichen, nur so hoch wie nötig zu springen. Das hat für viel Ärger und Aufregung gesorgt, jedoch muss ich sagen, dass ich deren Art, die Dinge nach „getaner Arbeit“ locker anzugehen, ganz sympathisch fand. Selbst volle Arenen und traumhafte Einschaltquoten konnten sie nicht beeindrucken – die Spiele, in denen es um nichts mehr ging, waren meist langweilig – wozu sich auch verausgaben? Kritik von den Medien wurde mit der Bemerkung, man habe sich doch qualifiziert, abgetan. Andere Länder wären froh, wenn sie immer dabei sein würden, wurde gesagt. Leute, die es mit der heutigen Generation nicht gut meinen, könnten versucht sein, deren beständig guten Leistungen mit der Begründung abzutun, sie hätten nicht die Chuzpe, mal alle fünf wegen der kritischen Berichterstattung, die es geben würde, gerade sein zu lassen. Das glaube ich nicht, jedoch ist es nicht von der Hand zu weisen, dass es sich leichter lebt, wenn man dauernd gelobt wird. Es ist ja auch durchaus möglich, dass sie aus reiner Freude so gut spielen, ja sie gar den Ehrgeiz haben, jedes Match gewinnen zu müssen, auch weil sie vom Trainer, der den Eindruck vermittelt, dass jede vergebene Hundertprozentige ein persönlicher Affront gegen ihn darstellt, über Gebühr angestachelt werden. So recht weiß ich nicht, was ich von der deutschen Mannschaft halten soll. Irgendwie ist es ungesund, immer zu siegen. Aus reinem Selbstschutz – nur eine Niederlage gegen Spanien würde den Spielern verziehen werden – wäre es besser, im einen oder anderen Spiel Punkte gelassen zu haben. Heute haben sie noch die Chance dazu. Macht es mal wie die Alten.
PS: Nicht auszudenken, wenn Spanien keine Supermannschaft hätte. Sie wären verdammt, den Titel zu holen.
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