Der Ansturm der Männer

Putin muss es wieder richten, und wenn die FAZ schreibt, er schließe Militärschläge gegen IS nicht aus, ist ziemlich sicher, dass die Russen bereits aktiv mitmischen, was 26 Sekunden eines Videos, das Truppen Assads im Einsatz in der Nähe Latakias zeigt, wo die Russen eine Marinebasis unterhalten, belegen. Dass einige der dort stationierten Soldaten sich aus purem Vergnügen (sozusagen ein Sonntagsausflug an die Front) an der Aktion beteiligt haben, ist ausgeschlossen. Vielmehr scheint es so zu sein, als ob sie die Aufgabe haben, der gebeutelten Armee, der, wie wir gerade erleben können, die Rekruten weglaufen, mittels erfolgreicher Einsätze (der im Video scheint gut verlaufen zu sein) wieder Halt und Selbstbewusstsein zu geben. (Sicherlich ist das auch ein Grund, warum der Film auf youtube zu sehen ist.) Ob die Russen Syrien vor dem Untergang retten, ist schwer vorherzusagen. Es wäre nicht der erste eines Landes. Speziell an diesem ist, dass sich die Männer zuerst retten. Projizierte ich das Geschehen in Syrien auf die Titanic, würde die Kapelle, die angeblich bis zum Untergang über den Bug gespielt haben soll, in einem der knappen Rettungsboote sitzen, um von dort aus alles daranzusetzen, mit ihrer Musik das Geschrei der Frauen und Kinder zu übertönen. Die Kolonne, die Richtung Wien marschiert, besteht nur aus Männern, die nicht den Eindruck vermitteln, als hätte die Odyssee durch den Balkan sie sonderlich mitgenommen. Ilner hatte gestern einen Syrier in ihrer Sendung. Als ich bei der Suche, wer Asyl erhalten kann, auf die Genfer Flüchtlingskonvention gestoßen bin, frage ich mich im Nachhinein, warum sie ihn nicht nach dem Grund, warum er sein Land verließ, gefragt hat. (Erschreckend, dass sie es nicht einmal fertig gebracht hat, sich danach zu erkundigen, wie seine Eltern ohne ihn auskommen und was seine Verwandten und Freunde machen. Natürlich hat sie es wieder geschafft, akribisch alle Punkte, die sie sich vorgenommen hat, abzuarbeiten.) Dass mit einem Bürgerkrieg jemand automatisch zum Flüchtling wird bzw. diesen Status erhält, ist dort nicht aufgeführt.

Das Problem der Flüchtlingspolitik, die Europa zur Zeit betreibt, ist, dass nicht die Schwachen profitieren, sondern die Starken nach dem Prinzip, dass wer die beschwerliche Reise, die für junge Menschen eher ein Abenteuer ist, übersteht, bestens gerüstet ist, in Europa seinen Weg zu gehen. Darwinismus pur. (Im ungünstigsten Fall leben in zwanzig Jahren in Afrika nur noch Frauen.) Das es auch anders geht, zeigt der Vorschlag eines englischen Rabbiners – er fordert, die Kindertransporte (die Engländer haben in den 30ern Kinder deutscher Juden aufgenommen) wieder aufleben zu lassen. Dieser derart kluge Vorschlag ist die Ausnahme (mit dem können die östlichen EU-Staaten gut leben). Statt jedem Land selbst zu überlassen, wie viele Leute es aufnehmen möchte, will Merkel die Länder (notfalls kürzt die EU vermutlich ihre Zahlungen) zwingen, Flüchtlinge zu beherbergen. Dabei ist nicht einmal sicher, ob die überhaupt nach Polen oder Ungarn wollen.

Korrektur: Die Marinebasis liegt natürlich in Tartus. In Latakia unterhalten die Russen eine Abhörstation. Und seit kurzem noch viel mehr, wie der Spiegel zu berichten weiß.

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