Vom Tschekisten- und Introvertierten-Dasein

Ich finde es immer sehr unangenehm, wenn ich eine Aussage, die ich mit guten Gewissen gemacht habe, zurücknehmen muss, aber schließlich muss der Wahrheit genüge getan werden, denn es ist mein Anspruch, dass alle Schlussfolgerungen und Thesen, so verquast sie auch für den einen oder anderen Leser sein mögen, auf Fakten basieren müssen. Aufgrund neuer Meldungen sehe ich mich daher genötigt, meine Aussage, dass Putin sich mit Hemingway über die Großwildjagd hätte unterhalten können, zurückzunehmen – Putin hat auf den Tiger, den er laut diverser Fernsehberichte mit einem Narkosegewehr außer Gefecht gesetzt haben soll, gar nicht geschossen. Das Tier war schon betäubt, als er dort eintraf. Später erlag der Tiger, der nur wegen seiner Stippvisite aus einem Zoo herangekarrt wurde, den 3 Betäubungsdosen, die er verpasst bekam, um sicher zu gehen, dass Putin nichts passiert. Den Großwildjäger Putin, der ein Fernsehteam mit seinem mutigen Verhalten vor dem sicheren Tod rettete, hat es also nie gegeben. Als das Fernsehen darüber berichtete, wie er das gefährliche Tier erledigte, muss er sich köstlich amüsiert haben, nun, nach 4 Jahren, in denen die ausgestrahlte Version als Wahrheit galt, halte ich es für durchaus möglich, dass er wirklich glaubt, er habe das Tier zur Strecke gebracht. Psychologen werden mir sicherlich bestätigen können, dass derartige Wahrnehmungsstörungen nichts Ungewöhnliches sind. Ein „Seelenklempner“ würde ihn erst einmal fragen, ob er seiner Frau mitteilte, was sich wirklich abspielte. Von Mielkes Frau (für die Leser unter 10 – er war Chef der Stasi) wissen wir, dass er nie mit ihr über seine Arbeit gesprochen hat – auf entsprechende Fragen soll er immer erwidert haben, dass er als Tschekist ihr nicht sagen dürfe, was er erlebt habe (das Tschekisten-Leben war ihm heilig). Gegenüber ihrer Haushälterin hat sie sich darüber beklagt, alles aus der Aktuellen Kamera erfahren zu müssen, sie also, von den Meldungen, die die Planerfüllung betrafen, mal abgesehen, viel schlechter als ein normaler DDR-Bürger informiert war. Putin war kein Tschekist mehr, als er dem Tiger begegnete, nichtsdestoweniger glaube ich, dass er seine Geheimdienstregel, alles für sich zu behalten, weiter befolgte. Während die meisten Menschen, besonders Frauen, über alles, was sie erlebt haben, berichten müssen, ist dem Schlapphut-Mann jahrelang eingetrichtert worden, sich nicht über über seine Arbeit zu äußern. Das Schweigen ist zu einer Gewohnheit geworden, von der er nicht mehr loskommt. Es gehört praktisch zu seiner Persönlichkeit. Günter Netzer würde sagen, dass er sie verinnerlicht habe. Ob Putin aufgrund dieses einen Merkmals schon als introvertiert gilt, weiß ich nicht zu beurteilen. Mit Sicherheit würde er aber nicht zu der Gruppe Introvertierter gehören, die die Welt unbedingt braucht. Als ich die Überschrift des Artikels las, kam mir sofort der Gedanke, die Autorin müsse ausschließlich die englischen Pendants zu Dieter Bohlens Sendung, zum Ausscheidungswettbewerb zum Grand Prix de Eurovision sowie zu der Musiksendung, in der die Juroren den Künstlern immer ihren Rücken zudrehen, gesehen haben. Nur wer diese Sendungen gesehen hat, kann überhaupt Zweifel an der Existenzberechtigung dieses Menschenschlages haben. Ich habe noch keine Zeit gefunden, den Artikel zu lesen. Wer einigermaßen über die Personen, die auf der ersten Seite zu sehen waren, Bescheid weiß, kann aus deren Wohnorten schließen, dass sie dieser Gruppe angehören könnten. Von Orwell und der Potter-Autorin Rowling war da die Rede. Erstgenannter hat in Schottland an einem Ort, der abgelegener nicht sein könnte, gelebt (bitte selber nachschlagen). Die Rowling wohnt auch im Norden des Königreichs. Ich habe dort drei Urlaube genossen, was, so glaube ich, nicht reicht, als introvertierter Mensch zu gelten. Da Albert Einstein auch einer war – ich hätte dies aufgrund des Bildes, auf dem er seine Zunge ausstreckt, nie vermutet – werden nun viele versuchen, von ihren Mitmenschen als in sich gekehrt und scheu angesehen zu werden. Ausgerechnet beim Persönlichkeitstest dessen Bild zu zeigen, wird viele verführen, die Aussagen, die darauf schließen lassen, dass man dieser Kategorie angehört, anzuklicken.

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2 Antworten zu Vom Tschekisten- und Introvertierten-Dasein

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