Sergeant Boyle – der irische Krause (The Guard)

Wie macht man eine Komödie mit viel schwarzem Humor im dritten Rezessionsjahr? Der Regisseur von „The Guard“ hat ein Rezept gefunden – in einer Handlung, die im Heute spielt, sollten die Charaktere und Objekte so wenig wie möglich mit dem Jetzt zu tun haben. Darum tauchen im Film auch keine iPhones, Tablets und teuren Autos auf. Die Personen fahren fast ausnahmslos Fahrzeuge aus den 70ern. Und angerufen wird noch aus der Zelle. Sicherlich hätte Regisseur McDonagh Handys gänzlich verbannt, wenn diese in den zwei Szenen, in denen seine Darsteller mit ihnen hantieren, nicht wichtig für die Handlung wären. Und er hat auch darauf verzichtet, Häuser, die in den Jahren des Baubooms errichtet wurden, zu zeigen – vermutlich würden die gar nicht in die grandios-düstere Landschaft der Connemara passen. Im Film sieht vieles noch so aus, wie ich es vor 15 Jahren, als mit dem Auto durch das Gebiet preschte, vorfand. Eine Gegend, in der die Zeit stehengeblieben zu sein scheint, schreit geradezu nach Protagonisten, deren Ansichten und Tun überhaupt nicht mehr in unsere heutige Zeit passen. Sergeant Gerry Boyle, die Hauptfigur des Films, ist so ein Typ – ständig verstößt er gegen die Political Correctness (Rassismus), und da er dies mit großer Selbstverständlichkeit tut, werden ihm die Fauxpas‘ immer wieder verziehen. Im Verlauf des Films wird deutlich, dass er sich die Narrenfreiheit hart erarbeitet hat. Ein guter Ire ist aber nicht nur schrullig und eigensinnig, nein, er muss auch trinkfest sein. Es steht außer Frage, dass er auch dieses Klischee hervorragend bedient. Dessen vulgäre Sprache ist aber gewöhnungsbedürftig – es gibt kaum einen Satz, in dem das Wort „fuck“ nicht drin vorkommt. Den Iren, die angeblich die besten Essayisten der Welt hervorbringen sollen, muss dies gefallen haben – der Film gilt als der erfolgreichste des Landes. Sollte für den rundherum guten Film eine Fortsetzung anstehen, wüsste ich, wie diese aussehen könnte – die Ermordung zweier deutscher Nachwuchsschriftsteller im „Böll Cottage“, das ganz in der Nähe liegt, löst in Deutschland so große Schlagzeilen aus, dass sich die Behörden entschließen, Krause samt Hund und Motorradgespann nach Irland zu schicken. Er soll Boyle unterstützen. Die beiden würden ein gut miteinander harmonieren. Krause wäre auch der einzige, der ihn dazu bringen könnte, sich gewählter auszudrücken. Fast hätte ich vergessen, darauf hinzuweisen, dass der Vorspann den berühmt-berüchtigten Aufmachern der Edgar-Wallace-Schinken ähnelt. Wer zu spät kommt, verpasst etwas.

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