Originelle Hindernisse

Die Olympiade hält mich weiter in ihren Bann, aber da dies kein Blog ist, der sich mit Ereignissen, die in aller Munde sind, beschäftigt, brauchen Sie keine Angst zu haben, dass ich mich dezidiert über Usain Bolt oder Lilly Schwarzkopfs Disqualifikation – wer hat nachts nicht schon einmal etwas gesehen, was sich im Nachhinein als Phantom herausstellte – auslasse. Nichtsdestoweniger fällt es mir schwer, mir vorzustellen, was die Jury veranlasst haben könnte (es war ja taghell), sie zu disqualifizieren. Das IOC täte gut daran, den Medien zu erklären, wie Schwarzkopf mit der Russin verwechselt werden konnte. Wer gestern die Entscheidung am Pferdsprung verfolgte, könnte sich, als für eine kurze Zeit die Kampfrichterinnen zu sehen waren, gefragt haben, warum sich Mädchen das Turnen, eine schwere und vor allem Trainings intensive Disziplin, überhaupt noch antun – 4 ältere, streng dreinblickende Frauen (Typ Oberlehrer, den ich als für bereits ausgestorben gehalten habe) bildeten die „Prüfungskommission“. Sonderlich ermutigend und Vertrauen einflößend wirkten die nicht (ist aber gut fürs eigene Selbstbewusstsein). Ich hätte jedenfalls großen Bammel gehabt, wenn ich denen in einer mündlichen Prüfung in meinem „Lieblingsfach“ (ich hatte mindestens drei) gegenübergestanden hätte. Schwarzkopf war nicht auf das Wohlwollen der Kampfrichter angewiesen – ihre Betreuer mussten nur nachweisen, dass sie nichts Unrechtmäßiges getan hat. Ob sie das getan haben oder die Verantwortlichen sich nach eingehender Analyse der Aufzeichnungen selbst korrigierten, weiß ich ich. Der Grad der Empörung der Reporter, gäbe es eine Art „Richterskala“, läge der Wert für Siggi Heinrich (Eurosport) bei weit über 8, ließ die Vermutung zu, dass die Aufnahmen schon gelöscht wären, wir also nie erfahren würden, was sie gemacht habe. Vermutlich lag es an der Medaillenbilanz an diesem Tag – während die Engländer hamsterten, gingen die Deutschen leer aus. Gestern wurden es nicht sonderlich mehr. Eine Bronzemedaille kam hinzu. Selbst die Springreiter blieben ohne Edelmetall – die Mannschaft schied im Vorkampf aus. Rein zufällig bin ich auf die Übertragung gestoßen. Und dabeigeblieben bin ich nur wegen der Hindernisse – die Pferde sprangen über einen roten Doppeldeckerbus, einen roten Briefkasten-Oxer, über die Tower Bridge, die Abbey Road etc. Klein-Stonehenge, das immerhin über zwei Oxer verfügt, habe ich gestern schmerzlich vermisst. Vermutlich sehen wir es heute wieder. Für die Zuschauer, auch für jene, die sich überhaupt nicht für das Springen interessieren, war der Parkour wahnsinnig aufregend (ich weiß nicht, ob das bei anderen Turnieren auch so üblich ist). Die deutschen Pferde konnten der Sightseeing-Tour nicht viel abgewinnen. Vermutlich kannten sie schon alle Sehenswürdigkeiten. Bei aller Originalität und allem Einfallsreichtum – können sich Pferde angesichts solch ungewöhnlicher Hindernisse überhaupt auf das Springen konzentrieren? Ich habe da so meine Zweifel. Übrigens führt Saudi-Arabien. Da ich keinen von deren Reitern gesehen habe, hoffe ich, dass alle so aussehen wie Lawrence von Arabien (sicherlich vergebens).

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