„Neptune“ – da hilft nur, Fußball zu gucken

Warum sollte jemand Interesse haben, ein Schiff zu versenken, wenn es ihn belustigt, diesem bei der Arbeit zusehen? Der Kreml hat das geringste Interesse, mit der Sabotage der „Neptune“, die gestern von einem großen Polizeiboot in den Hafen Mukran eskortiert wurde, RT eine Story, die sich bestens ausschlachten lässt, wegzunehmen – das ausgerechnet dort, wo nach neuesten Erkenntnissen Deutschlands Unglück begann, nämlich in Lubmin, dem Endpunkt der beiden Erdgastrassen. Im dortigen Industriehafen soll die „Neptune“, deren Aufgabe es ist, Gas wieder gasförmig zu machen, anlegen. Leider wird neben ihr kein LNG-Tankschiff liegen – kleine Tanker sollen das flüssige Gas von einem Speicherschiff, in dass die großen Schiffe ihre Ladung pumpen, heranbringen. Das teuerste Erdgas der Welt. Und da eine private Firma, die durchgerechnet hat, dass sich der Aufwand lohnt, die Entladestelle betreibt, bleibt nur, Katar zu gucken – wer jetzt die WM noch boykottiert, der hat den Ernst der Lage nicht begriffen. Der informierte Bürger braucht nun Ablenkung. Um ihn bei guter Laune zu halten, muss er gut unterhalten werden. Jemand, der ganz oben lebt, dennoch aber um die Nöte der Leute weiß, muss dies geahnt haben – völlig überraschend liefern die Brasilianer wieder tollen Fußball ab, und das ohne auf Neymar, dem vermeintlich ewigen Enfant terrible dieses Sports, angewiesen zu sein. Zwei Weltmeisterschaften, also 8 Jahre, hing das Wohl und Wehe der Mannschaft und des ganzen Landes von ihm ab. Spielte er schlecht, war auch das Team schlecht. Hat er gefehlt, versanken seine Kollegen im Rasen schneller als die Titanic im Atlantik. Auf einmal stehen andere im Mittelpunkt, wenn er spielt. Wegen der Weisheit, dass alles seine Zeit braucht, wäre es natürlich verführerisch, Parallelen zu einem anderen Enfant terrible, der uns bis Anfang des Jahres erwärmt hat (angesichts der Verachtung, die ihm entgegenschlägt, wäre es wohl besser, zu schreiben, „erwärmen durfte“) – wird die „Neptune“ auch 8 Jahre in Lubmin liegen? Der Blog hält es da mit Charles Laughton, der in „Zeugin der Anklage“ gesagt hat, solch düsteren Gedanken dürfe man sich nicht hingeben. Darum zurück zum Fußball und da zu Holland – das Land, das früher regelmäßig tolle Spiele abgeliefert hat, rumpelt nun vor sich her, dass es eine Qual ist, sich das anzugucken. Eigenversorger eben. Die haben keinen Grund, mies drauf zu sein. Das ist bei den Deutschen natürlich ganz anders – sie stehen in der Pflicht, morgen Abend ein Spiel abzuliefern, über das man noch lange sprechen wird. Als gut informierter Bürger wird der Blog gucken.

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