Mit dem Papst auf Missionsreise

Gesegnet ist der, der sich trotz der Strapazen, die er in Kauf nehmen muss, darauf freut, einem VIP, den er sehr verehrt, 4 Fragen „lang“ gegenüber sitzen zu dürfen. Zu allem Überfluss muss er diese vorher noch einreichen, er darum, wenn die bekannte Person ihn überhaupt nicht leiden kann, sogar fürchten muss, die Antworten im Stehen entgegenzunehmen. Ganz gemein wäre es, würde jede Frage nur mit einem Wort beantwortet werden, so wie Brandt es einmal aus Ärger über einen kritischen Bericht, den Nowotny über ihn verfasste, gegenüber denselben praktiziert hat. Das Interview ist legendär, und es wird immer noch gern gesehen, wie die Klicks auf Youtube zeigen. Vermutlich sind es nur Leute der Generation 50+ sowie Schüler, die einen Vortrag ausarbeiten müssen. Matussek brauchte, als er sich auf das Interview seines Lebens vorbereitete, nicht zu fürchten, der Papst könnte ihn im Alitalia Jet stramm stehen lassen – er hat sich immer lobend über ihn geäußert, zudem wäre es eines Papstes unwürdig, Menschen in aller Öffentlichkeit herabzuwürdigen, wobei erwähnt werden muss, dass es, wie Ernesto Cardinale erfahren hat, schon mal vorkommen kann, vor zig Fernsehkameras vom Papst gerügt zu werden, und das auf dem Rollfeld gleich nach dessen Ankunft. Klar, dass er über den Tag, an dem er in seinem Gefolge sein durfte, geschrieben hat. Nachdem ich den recht locker geschriebenen Bericht gelesen hatte, fragte ich mich, was ich denn dem Papst schenken könnte, würde er mich bitten, ihn auf einer seiner Reisen zu begleiten. Da ich noch kein Buch geschrieben habe, bliebe mir nichts anderes übrig, als ihm ein Heft, wo alle meine Beiträge samt den Kommentaren enthalten sind, zu schenken. Natürlich würde dieses dünner als Matusseks Buch sein, der Umstand jedoch, dass es sich um ein Unikat, das, so es die Finanzen erlauben, wie ein mittelalterliches Buch aussehen würde, handelt, gleicht dieses Manko aus, ja die Aufmachung würde ihm erlauben, es in das Regal, in dem die alten und wertvollen Bücher stehen, zu stellen – eine Ehre, die Matussek nicht zuteil werden wird. Und was schreibe ich als Widmung rein? Auf alle Fälle nichts Lateinisches, denn das wäre zu unpersönlich (ich war erstaunt, zu lesen, dass er, der das Wissen des Papst so überschwänglich gelobt hat, wagte, das Oberhaupt der katholischen Kirche zu fragen, wie er seine Widmung übersetzen würde). Vermutlich würde ich auf seine Reise anspielen. Da ich im Sommer nicht so gern an Orten, wo es extrem heiß wird, bin (der Papst reist immer in dieser Jahreszeit in solche Länder), mir mehr als hunderttausend Menschen ein Gräuel sind und ich sehr an Abenteuern interessiert bin, wäre ich froh, könnte ich in das Heft schreiben: „In der Hoffnung, Eurer Heiligkeit ein wenig Kurzweil auf der Missionsreise nach Anchorage, Archangelsk und Workuta bereiten zu können.“

http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,781093,00.html

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Eine Antwort zu Mit dem Papst auf Missionsreise

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