Merkel und die britischen Karikaturisten

Eine Person, deren Äußerungen und Tun für die Öffentlichkeit von Interesse sind, produziert die Sachen, mit denen sie Schlagzeilen macht, meistens selbst, bei wachsender Wichtigkeit sowie steigendem Bekanntheitsgrad aber können schon einmal andere, beispielsweise indem sie über jemanden ein Buch schreiben oder einen Film drehen, dafür sorgen, dass über einen diskutiert wird. Dass Frau Merkel in der heutigen Kolumne im Mittelpunkt steht, verdankt sie englischen Karikaturisten, die die Zwistigkeiten, die zwischen Briten und Deutschen herrschen, zum Anlass genommen haben, sie zu zeichnen, und das sogar in Farbe, worauf sie sich viel einbilden kann, da, wenn ich richtig informiert bin, nur Zeitungen auf der Insel sich diese Mühe machen – typisch englisches Fairplay eben, denn jeder, der sich unvorteilhaft abgebildet findet (wohl fast alle), kann sich damit trösten, dass der Verlag sich sein karikiertes Ich hat einiges kosten lassen. Deutschen Politikern hilft das aber wenig. Wegen der Abgeschiedenheit des Landes ist es für sie nahezu unmöglich, den Teil ihres Ich, den sie vor der Öffentlichkeit zu verbergen suchen, in britischen Cartoons wiederzufinden. Frau Merkel hat es nun aber geschafft – alle Zeitungen, die Wert auf Karikaturen legen (zu meiner Überraschung gehören einige konservative Blätter nicht dazu), haben sie im Programm gehabt. Gerne hätte ich auch jene, die mit ziemlicher Sicherheit in der ehrwürdigen Times (deren Zeichner gehört zu den besten) zu sehen waren, aufgeführt. Bedauerlicherweise hat sie aber den kostenlosen Zugang zu ihrer Seite gesperrt. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn jene im Independent, im Guardian und im Observer sind es wirklich wert, vorgestellt zu werden. Frau Churchill-(Merkel) halte ich für sehr gelungen, ja angesichts des Umstands, für wen da die „Toughest Hour“ schlägt, kommt sie ausgesprochen sympathisch rüber. Ihr Kopf, die Partie um den Mund entspricht der Churchills völlig, ist eine Meisterleistung, jedoch ganz so Winston gleich, wie es den Anschein hat, scheint sie für Steve Bell doch nicht zu sein, denn statt ihr einen Kopf, der zum massigen Körper passt, zu geben, hat er ihr einen sehr kleinen Kopf verpasst, was ganz und gar nicht dem Aussehen Churchills, dessen großes Konterfei die Masse seines Körpers kaschiert hat, entspricht. Die Briten dürften das sofort bemerkt haben. Wenigstens wissen jene, die für die „Toughest Hour“ sorgen sollen, auf was sie sich da einlassen – sie tragen nämlich einen Lendenschurz (Toreros?). Wenn Frauen so etwas tragen, nennt man das „Keuschheitsgürtel“, und um Cameron in die Psychiatrie zu bringen, lässt der Zeichner des Independent Merkel einen tragen. Aufgrund der Erfahrungen, die „Al Bundy“ als Schuhverkäufer machte (Horror vor dicken Frauen), scheint mir die Zeichnung durchaus plausible zu sein. Die Idee zum Cartoon, in dem der Premier mit einer Bazooka zu sehen ist, hat zweifellos Cameron selbst geliefert, nichtsdestoweniger erinnert mich diese Karikatur an den Film „Das große Ding bei Brinks“, in dem eine leicht verrücktes Bandenmitglied Peter Falk, Boss des der Gruppe, vorschlägt, den Tresor mit Hilfe einer solchen zu öffnen (unheimlich witzige Komödie). Einfacher ist, herauszufinden, welcher Film Chris Ridell zu seinem Cartoon, den gestern der Observer veröffentlicht hat, inspiriert haben könnte – natürlich „Cabaret“. Die Karikatur ist einfach superb, einfach genial. Der Film natürlich auch.

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