Katowice und die Ungleichheit

Katowice geht zu Ende, und nach allem, was bisher zu lesen ist, bleibt jenen, die sich wegen der Klimaerwärmung Sorgen machen, nur übrig, sich mit Brechts Ballade über die Unzulänglichkeiten menschlichen Planens (das ist die mit dem Plan, der auch beim zweiten Male nicht funktioniert) über ein Ergebnis, das niemanden hilft, zu trösten – die letzte Strophe, in der es heißt, man solle dem Mensch ruhig auf den Hut hauen, macht Hoffnung, die 1,5 Grad doch noch schaffen zu können. Natürlich weiß diese Kolumne auch schon, auf wen daraufzuhauen wäre – jene, die davon sprechen, dass die Ungleichheit der Motor aller Entwicklung sei, sind dazu prädestiniert, den Anfang zu machen, was Lindner (und seiner FDP) gar nicht gefallen dürfte, da er als erster in die Manege müsste. Katowice zeigt, dass wegen des Ungleichgewichts (Stichwort Nord-Süd-Gefälle, u. a.) es praktisch unmöglich ist, zu einer Einigung zu kommen. Würde jeder Mensch dieser Erde einen Carbon footprint in der Größe eines Inders hinterlassen, hätten sich Wissenschaftler und „Sherpas“ in Katowice nicht zu treffen brauchen. Läge dieser weltweit so hoch wie jener, den die Deutschen im Augenblick aufweisen, müsste diese Kolumne entfallen. Aber wären wir überhaupt auf dieses Level gekommen wären, wenn die industrielle Revolution alle Länder erfasst hätte, praktisch die Entwicklung überall gleich ausgefallen wäre? Die spannende Frage ist, ob unsere Großeltern die Erwärmung hätten aufhalten können, beantworte ich spontan mit einem großen Ja. Ungleichheit hat uns zwar ein besseres Leben (da die Großeltern das Problem locker gelöst hätten, würden wir jetzt vermutlich in einem Ökoparadies leben) verschafft, jedoch uns nicht dazu angespornt, die Klimaerwärmung zu stoppen. Ganz im Gegenteil. In Katowice, so wie auf den Konferenzen zuvor, wird das größte Übel der Menschheit nicht frontal angegangen. Statt drastischen Auflagen, die Kohlendioxidemissionen radikal zu senken, streiten sich die Vertreter der Länder über das Prozedere. Dürfen Länder, die Emissionssenkungen an andere Staaten verkaufen, die „verkauften Werte“ als Nachweis ihrer eigenen Bemühungen führen dürfen oder gehen die Zahlen auf den Käufer über? Dann sind da „Fossiles“, die, von den Staaten am Golf mal abgesehen, locker dem Vorschlag, die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, zustimmen könnten. Selbst für Russland, das nun damit beginnt, Windanlagen zu bauen (Autarkie – was im Sozialismus nicht funktionierte, scheint unter Putin halbwegs zu klappen), sollte es kein Problem sein, auf die Öl- und Erdgaseinnahmen, die ein solcher Beschluss nach sich ziehen könnte, zu verzichten. (An Russlands neue Kohlehäfen, von denen ich dachte, die braucht kein Mensch, mag ich gar nicht denken.) Wenn es den „Betriebsunfall“ Trump nicht gäbe, wären die 1,5 in Katowice längst durch. Womit die Kolumne wieder bei Brecht wäre, der einem Plan nichts abgewinnen kann. Dem muss ich widersprechen – ein Plan ist gut, solange man ihn nicht selber macht.

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