Der verweigerte Handschlag

Wie gut, dass es die Premierleague gibt, denn die hat mich davor bewahrt, mir heute Gottschalk, über dessen Quotentief unsere Regionalzeitung am Sonnabend in ihrem Fernsehteil berichtete, anschauen zu müssen. Das liegt aber nicht an Frau Dörrie, sein heutiger Gast, sondern an ihm selbst, denn er hat es geschafft, seine Sendung in der Kategorie „länger publizistisch wertvoll“ zu platzieren, was Leuten, die einen Artikel über seinen Vorabendtalk veröffentlichen wollen, die Gewissheit gibt, über ein Thema, was viele interessiert, zu schreiben. Und da sich nicht so schnell etwas an der Quote ändern dürfte sowie die Gefahr, er könnte abrupt aussteigen, gering ist, wird er uns noch eine Weile erhalten bleiben. Gottschalk ist sozusagen ein ewiger Wulff. Und das alles nur wegen der Quote. Aber zurück zum englischen Fußball, der im Augenblick wegen einer Handlung, von der niemand jemals ernsthaft geglaubt hat, sie könne Empörung hervorrufen, interessanter als Gottschalk ist – in die Schlagzeilen kommen Spieler nicht nur wegen Blutgrätschen, Spuck-Attacken, Kopfstößen und Stinkefingern, sondern auch wenn sie sich weigern, einem Kontrahenten die Hand zu geben (wenn ich viel Zeit hätte, würde ich ergründen, ob es in der Politik schön einmal etwas Ähnliches gegeben hat). Dieser galt als abgemacht, als es dann aber so weit war, verweigerte Suarez, der wegen rassistischer Äußerungen (er bezeichnete Evre sieben Mal als „Negro“ während einer Rangelei) für 8 Spiele gesperrt war, einen Akt, der dokumentieren sollte, beide haben sich versöhnt und der Uruguayer habe Reue gezeigt, somit das Strafmaß zur Freude des Verbandes und Manus absolut korrekt war. Die Aufregung nach dem Spiel war groß, so groß, dass Uniteds Trainer Ferguson gar verlangte, er dürfe nicht mehr für die Reds spielen. Erstaunlicherweise ließ auch meine Lieblingszeitung kein gutes Haar an Suarez. Ich halte sein Verhalten wegen der überzogenen Strafe für durchaus nachvollziehbar, denn wäre ihm dieser verbale Fauxpas in einem Spiel gegen einen Abstiegskandidaten passiert, hätte er sicherlich eine geringere Strafe bekommen. Manu ist aber der einflussreichste Vereins der Liga, was erklärt, dass der Verband keine Mühen und Kosten scheute, herauszufinden, ob er das Wort „Negro“ in einer Weise, die darauf schließen lässt, er habe Evre wegen seiner Hautfarbe beleidigen wollen, gebraucht hat. Da die Uruguayer das Wort im Alltag nutzen, mussten Experten, die in der Lage sind, den Vorfall einzuordnen, ran. Sie kamen zum Schluss, dass eine rassistische Beleidigung vorliegen würde. Ob diese in seinem Heimatland geahndet worden wäre, ist nicht untersucht worden. In England jedenfalls gibt es kein Pardon, selbst für den Kapitän der Nationalmannschaft nicht, der wegen eines ähnliches Vorfalls die Binde nicht mehr tragen darf. Das ist gut, jedoch ist der Verband im Fall Suarez über das Ziel hinausgeschossen, denn man muss nicht unbedingt ein Fan der Reds sein, um der Theorie zu verfallen, Manu habe nur das Ziel verfolgt, einen verhassten Konkurrenten zu schaden. Das ist ihnen auch gut gelungen. Liverpools Ruf ist ziemlich ruiniert. Sogar Daglish, Manager und Kultfigur des Klubs, ist schwer angeschlagen. Und Manu muss sich fragen lassen, warum sie versucht haben, die Situation weiter eskalieren zu lassen. Sie hätten auch großzügig hinweg sehen können. Von Versöhnung kann keine Rede sein. Wenigstens wissen jetzt Neuankömmlinge, was sie im Mutterland des Fußballs erwartet.

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