Marx muss man mögen – er war gegen die Todesstrafe

Marx wird 200 und keiner fragt die Chemnitzer, ob es ihnen gefallen würde, wenn die Leute, die in diesem Jahr nach Trier pilgern (vornehmlich Chinesen), in ihrer Stadt, die bis zur Wende Karl-Marx-Stadt hieß, kämen – wen interessiert schon dessen Geburtshaus, wenn gleich eine große Stadt sich nach ihm benannt hat. Marxisten sind die Einwohner deshalb noch lange nicht (jedenfalls wurden die Bewohner nicht so genannt). Marx war ja selber auch kein lupenreiner, sonst hätte er nicht für die „New York Daily Tribune“ schreiben dürfen. Werbung für sein Manifest konnte er in den Artikeln einer Zeitung, die in der Schaltzentrale des Kapitalismus ihre Ausgaben an den Mann zu bringen versuchte, bestimmt nicht machen (leider habe ich es nicht geschafft, alle Artikel, die auf der entsprechenden Webseite aufgeführt sind, zu lesen). Dafür gab die Zeitung ihm die Möglichkeit, mit seinen Artikeln den Kapitalismus humaner zu machen, bspw. indem er sich gegen die Todesstrafe ausgesprochen hat (lt. Hegel hätten nur Kriminelle das Recht, zu strafen, und zwar sich selbst). Wenn er schon nicht ein Marxist, der keine Kompromisse einzugehen braucht, sein konnte, hat er wenigstens damals, als seine Werke veröffentlicht wurden, immer recht behalten können. Nach mehr als 150 Jahren sieht das ganz anders aus – da viele Vorhersagen, die er gemacht hat, nicht eingetreten sind (Stichwort Weltrevolution), tun sich Leute, die sich auf ihn berufen, schwer, Gehör zu finden. Dass ein echter Marxist, der schwer darunter leidet, als Schwätzer abgestempelt zu werden, ausgerechnet Trost von ganz oben finden kann, kann nur als Ironie des Schicksal durchgehen – den Theologen geht es nämlich nicht anders. Beide eint, dass in den Gebieten, wo sie schalten und walten durften bzw. noch dürfen, ihnen die Menschen abhanden kommen. Entweder allmählich (im Westen) oder mit einem Ruck, womit ich wieder bei Chemnitz wäre, deren Einwohner sich streng an Gorbatschows Spruch, wer zu spät käme, den würde das Leben bestrafen, gehalten haben – sie nutzten sofort die Chance, den verhassten Namen loszuwerden. 76 Prozent stimmten für Chemnitz. Vermutlich hätte sich am Ergebnis nicht viel geändert, wenn es damals schon das Internet und die Seite, auf der dessen Artikel für die Zeitung im Herzen des Kapitalismus aufgeführt sind, gegeben hätte. Marx scheint im Osten immer noch mega-out zu sein. Da Oltermann in der falschen Stadt war (Neubrandenburg) wissen wir nicht, ob dem wirklich so ist.

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