Wie eine Aktivistin und die r.-k.K. Weihnachten retteten

Wer hätte vor Weihnachten gedacht, dass der originellste deutsche Bildbeitrag zum Fest aus einer Kathedrale kommen würde? Was ARD & Co. nicht schafften, haben Josephine Witt, bigotte katholische Geistliche sowie das Domradio hinbekommen – ich habe mich zum ersten und (leider) auch zum letzten Mal bestens unterhalten gefühlt, wobei mein Höhepunkt der Performance, Gott sei es gedankt, gar nicht im Bild festgehalten ist: mir vorzustellen, wie Kardinal Meisner den Altar, auf die Femen-Dame stand, mit Weihwasser „desinfiziert“, bereitet mir unheimlich viel Vergnügen. Davon könnte ich Tage zehren. Während Meisner die Sache recht locker nahm (so wie es sich für einen Schlesier gehört), haben einige seiner Untergebenen völlig die Contenance verloren – statt der Dinge, die kommen werden, gelassen entgegenzusehen (der „Spuk“ hätte eh nur zwei oder drei Minuten gedauert), machten die Männer, ausnahmslos alle im Talar und ältere Bauart, Jagd auf sie. Als sie ihrer habhaft wurden, ist sie hinausgezogen bzw. – getragen worden. Das ist großes Kino, wenn auch aus einer vergangenen Zeit, denn die Szenen passen zu einem Film, der in den 60ern oder 70ern gedreht wurde. Auf derart Surreales sind, so vermute ich, die damaligen großen Regisseure jedoch nicht gekommen. Trotz der vielen Proteste, selbst die Grünen haben die Aktion scharf verurteilt, fürchte ich, noch öfter sehen zu müssen, dass halbnackte Frauen wie Attentäter überwältigt werden, das oft sogar noch viel brutaler. Gibt es noch den Sicherheitsbeamten, der es schafft, eine Frau, die ungefähr 50 kg wiegt, auf eine Schulter zu nehmen und sie wegzutragen? Die meisten von denen machen auch Kraftsport. Im Fitnessstudio stemmen sie hundert Kilo. Im Einsatz ziehen sie dann zierliche Frauen auf der Erde herum bzw. hinter sich her. Da sollte sie lieber auf Festnahmen verzichten. Den Kölner kann ich nur raten, sich jemanden wie Don Camillo zu suchen. Der hätte die Gläubigen erst wieder in Richtung Altar schauen lassen, wenn er Josephine einen Talar (vermutlich seinen) übergestülpt und sie auf seinem Rücken verstaut hätte.

Da es bis Mittwoch nicht besseres im Fernsehen zu sehen gab, hätte den Artikel schon am 2. Weihnachtsfeiertag schreiben können. Da ich kein Sozi bin, die, wie der Blog berichtet hat, bekanntermaßen das Fell des Bären erlegen, bevor dieser erlegt ist, habe ich mir bis heute Zeit gelassen. Auch des hochgelobten Tatorts wegen. Natürlich kam alles ganz anders. Die Kritiker haben einen anderen Film als ich gesehen. Mir hat Zuschauen jedenfalls keine Freude bereitet.

Eine Frage habe ich dennoch – will die Tschirner ewig burschikos-kesse Frauen, die alle ein wenig maulfaul sind, spielen? Immerhin war der Tatort noch der beste deutsche Film, den ARD und ZDF zu bieten hatten. Warum müssen Serien zu Weihnachten zu Fernsehfilmen aufgebläht werden? Nur die Sender können das beantworten. Mein Vorschlag für das Fest im nächsten Jahr – ein Grimme-Preis für beste deutsche Fernsehproduktion zu Weihnachten muss ausgelobt werden. Natürlich werden nur neue Filme prämiert. Sonst würde noch Winnetou gewinnen.

PS: Gestern war der Bericht noch jedem zugänglich. Heute muss man sich anmelden, was ich sehr bedaure. Die Aufnahmen geben wesentlich mehr als dieser hier. Wenigsten ist er noch frei zu sehen.

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