Wenn ein Nein ein Ja zu sein scheint

Liebe Griechen, überlegt Euch, was Ihr Euch wünscht, denn angesichts des Eifers, mit dem unser Finanzminister seinen Dienst versieht, kann ich Euch nur davor warnen, Euch zu wünschen, Schäuble möge „zur Holle“ fahren – von dort oben aus wird er uns alle erfrieren lassen. Er bringt es fertig, sein Bett zweimal am Tag auszuschütteln. Sollte er bei ihr ankommen, braucht sich niemand der Hoffnung, das Eis wird irgendwann wieder verschwinden, hinzugeben. (Und ich dachte immer, schlimmer als in „Snowpiercer“ könne es nie werden.) Allen kleinkarierten Unkenrufen zum Trotz – selbst Friedmann hat sich nicht in seinem Talk entblödet, der Meinung des Europarats, der behauptet, die Bevölkerung habe nicht genügend Zeit, sich mit dem Vorschlag der EU-Kommission zu beschäftigen (sie diskutiert ständig über deren Angebote), zu folgen (niemand sollte es den Unken verübeln, wenn diese haarsträubenden Argumentation sie beleidigt haben sollte) – dürfen wenigstens die Neinsager dank des griechische Verwaltungsgericht, das das Referendum für rechtmäßig erklärt hat, darauf hoffen, am Sonntag zu siegen. Ich bin auch erleichtert, dass es klappt. Drei Tage habe ich gebraucht, und Befürworter und Gegner auseinanderhalten zu können. Sicherlich ist das auf meine Fremdsprachenkenntnisse zurückzuführen. Griechisch kann man nur lernen, wenn man keine weitere Fremdsprache beherrscht – in welcher Sprache beginnt ein Ja mit einem N? (Ich habe die Vermutung, dass im Griechischen alles umgekehrt ist. Das würde auch erklären, warum die Situation so eskalieren konnte – Europäer und Griechen reden schlicht aneinander vorbei.) Für Nai sind jene, die das Angebot, das offiziell nicht mehr existiert, annehmen möchten, Oxis wählen jene, die glauben, ein Nein würde die Verhandlungsposition der Griechen gegenüber der EU stärken. Angesichts der Konsequenzen, die ein Oxis zur Folge haben könnte (Austritt aus der Eurozone), würde es mich nicht wundern, wenn sich die Wahlforscher, die ein knappes Rennen vorhersagen, wieder (wie in Großbritannien) gewaltig irren – die Angst vor dem Ungewissen dürfte viele davon abhalten, Tsipras‘ Kurs zu unterstützen. Bei den letzten Parlamentswahlen war es noch anders. Da konnte Syriza zulegen. Kurioserweise unterstützt Tsipras eine Seite, von der es niemand erwartet hätte – während die hiesigen Auguren Putin als neuen Verbündeten ausgemacht haben, wird immer mehr klar, dass er auf die USA, in der Schäubles Marschbefehl, die Schulden erst zu erlassen, wenn das vorgegebene Ziel erreicht ist, nicht gut ankommt, bauen kann. Die wollen die Griechen entlasten, sobald sie losgelaufen sind. Das ist natürlich wesentlich motivierender als die deutsche Variante. Vermutlich kommt das Einlenken der Staaten zu spät – in Europa werden z. Z. die unnachgiebigsten Verhandler als Helden verehrt. Wie eben Schäuble, der dank der Ablehnung der Forderungen Tsipras nun noch beliebter als unsere Bundeskanzlerin ist. Ganz korrekt ist das nicht formuliert – seine Beliebtheit verdankt er der hier vorherrschenden Sicht der Dinge, die sich einzig und allein auf den Schuldenbetrag reduziert. Schulden können eben nicht lügen. Darum ist es so einfach, andere Faktoren oder gar Vorteile, die sich aus dieser Situation ergeben, auszublenden.

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