Was finden sie nur an denen?

Da es heißt, Gleich und Gleich geselle sich gern, frage ich mich angesichts des Fotos, das die Frau Poroschenkos von sich für Elle hat machen lassen, warum sich deutsche Politiker und Journalisten so sehr für dessen Regierung ins Zeug legen – abgesehen davon, dass es höchst unpassend ist, in einem Bürgerkrieg, in dem täglich zig Zivilisten und Soldaten, von denen die meisten für ihren Mann fallen, in einer Pose, die nicht darauf schließen lässt, wie ernst die Lage ist, auf dem Titel einer Modezeitung zu erscheinen, ist mir ihr Geschmack höchst suspekt. Das fände ich noch ganz lustig, wenn ich nicht das Gefühl hätte, sie versucht jene, die nichts mit Folklore bzw. ukrainischer Tracht am Hut haben, zu provozieren. Und das mitten im Gemetzel. Berger (NachDenkSeiten) sah sich veranlasst, Maria Antoinette ins Spiel zu bringen. Es hat eine Weile gedauert, bis ich gemerkt habe, dass er die Tochter Maria Theresas beleidigt hat – während man ihr in Versailles das normale Leben vorenthielt, so dass sie wirklich glauben musste, man könne ihnen (Untertanen) Kuchen statt Brot geben (das Zitat ist nicht verbürgt), muss sie wissen, dass solch ein Bild bei Bürgern, die den Kult um die ukrainische Kultur satt haben, nicht gut ankommt. Hätten sich der Donbass nicht schon vor der Wahl Poroschenkos erhoben, wäre Aufstand gleich nach ihrem Auftritt im Wahlbüro, für den sie ein ähnliches Outfit wählte, ausgebrochen. Mögen jene, die im Fernsehen zu sehen sind oder schriftlich ihre Sicht der Dinge darlegen, die Ukrainer, weil deren Frauen recht bayerisch aussehen?

Als Beleg für die These könnte ein taz-Artikel dienen, in dem der Autor sich im ersten Absatz darüber ausließ, dass die Russinnen nichts davon abbringe, an den Stränden in den Emiraten ihre Bikinis auszuziehen. Selbst die Abschiebung würde sie nicht abschrecken. (Der Mann war richtig erbost. Ich denke nicht, dass er eine neue Ausdrucksform der Ironie neu erfunden haben könnte.) Damit können sich die Russinnen rühmen, die einzigen zu sein, die sich aktiv gegen die schleichende Islamisierung dieser Welt wehren. Bedauerlicherweise wird das nicht anerkannt. Ja es sieht danach aus, als ob die weiblichen Personen dieser Nation für ihren progressiven Lebenswandel bestraft werden. Anscheinend mögen die Leute, die uns über das Geschehen unterrichten, Frauen, die konservativ-sexy oder altbacken-sexy sind. Vermutlich entspricht die Mentalität der Ukrainer mehr jener der Deutschen, was auf eine gewisse Seelenverwandtschaft zwischen beiden schließen ließe. Oder mögen unsere Journalisten deren Coolness und Abgebrühtheit? In dieser Hinsicht sind uns die Ukrainer weit voraus – ein Video zeigt zwei Journalisten, die, von einem kurzen Erstaunen des einen abgesehen, keine Erregung zeigen, als ein Aidar-Kämpfer schildert, wie es um seine Truppe steht. Das ist wirklich erschreckend. Dass dieses Video niemanden von den Medien interessiert hat, wundert mich. Mir bleibt nur, zu hoffen, die Deutschen mögen nicht ebenso kalt und teilnahmslos in Situationen, die die Sinnlosigkeit und das Leid des Krieges offenbaren, reagieren. Vielen werden das Gebaren der drei als Pflichtbewusstsein, was, so wird gesagt, typisch für uns sei, interpretieren. Das ist natürlich falsch. Die beiden im Studio verhalten sich recht dünkelhaft. Das würden wir ja auch sein.

Ein weiteres Beispiel, dass sich unsere Eliten zu den Ukrainern hingezogen fühlen könnten, liefert Merkel, die ausgerechnet einen Tag vor deren Unabhängigkeitsfeier, die in diesem Jahr besonders weihevoll ausfallen wird, nach Kiew fliegen will. Bei der Wahl dieses Termins haben sicherlich auch persönliche Gründe eine Rolle gespielt. Die Russen wird es nicht weiter stören. Sie wissen, dass Merkel und Putin nicht miteinander können. Vielleicht schätzten sie Merkel sogar als russophob ein. Für alle, die sie gewählt haben, weil sie die Russischolympiade gewonnen hat, muss das eine große Enttäuschung sein.

Fazit: Die Argumente, die ich aufführe, können mich nicht im geringsten beeindrucken. Daher tendiere weiterhin eher zu den Russen.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert