Darüber, ob es für jemanden, der 9 Berufe angeben kann (Schauspieler, Drehbuchschreiber, Autor, Dramatiker, Dichter, Journalist, Comedian, Fernsehmoderator und Regisseur), Zeit wird, sich einen zehnten zu suchen (auch weil diese Person aussieht, als sei sie 45, in Wirklichkeit jedoch wird sie im August 55), kann ich mir natürlich kein Urteil bilden, sollte jedoch Stephen Fry die Absicht haben, sich noch einmal beruflich zu verändern, wüsste ich, was er machen könnte – ich würde ihm raten, Lehrer zu werden und Fächer zu unterrichten, die Schüler nicht nur nicht besonders mögen (das sind eigentlich alle), sondern die bei vielen regelrechte Alpträume hervorrufen. Denn jene, die als Nicht-Wagnerianer oder gar als Wagner-Hasser im Saal Platz nehmen, um seine Hommage („Wagner & me“) zu sehen, werden das Kino nach 89 Minuten zwar nicht unbedingt als Geläuterte verlassen, jedoch dürfte die Zahl derer, die den Film langweilig finden oder die sich überfordert fühlen (ein Film, der genauso schwer wie seine Opern sei), verschwindend gering sein. Wagner-Enthusiasten, also die Wissenden, könnten sich, sofern sie dessen Humor (typisch britisches Unterstatement, zum Teil ein wenig schrullig und spleenig) und dessen Lockerheit nicht mögen, an der einen oder anderen Stelle des Films aber schon langweilen. Für den normalen Zuschauer ist Frys Fähigkeit, die Dinge locker und humorvoll anzugehen, eine wichtige Hilfe, nicht schon nach wenigen Minuten die Ohren auf Durchzug zu schalten. Dessen Verehrung für Wagner, aus der er überhaupt keinen Hehl macht, hält, jedenfalls bis weit über die Hälfte des Films, die Wissbegierigen wach. Wie es sich für einen Profi gehört, versteht sich Fry darauf, den Zuschauer für sich einzunehmen, und das gleich von Beginn an, als er nämlich ein Probe besucht (Sängerinnen mit Plastikflügeln singen) und nach einer gewissen Zeit ehrfurchtsvollen Zuhörens beiläufig sagt, es würden drei Walküren, darunter auch Brunhilde, fehlen. Das macht natürlich Eindruck. Ein Fachmann, der mit seinem Wissen nicht hausieren geht. Eine seiner Stärken, die bereits erwähnte unverhohlene Begeisterung für Wagner, die abgöttische Züge hat, wird, je länger der Film dauert, zu seiner Schwäche, jedoch schafft er es gerade noch so, diese zu übertünchen. Genau in dem Augenblick, als ich kurz davor stand, mich von der Welle der Wagner-Verehrung völlig ermattet mitreißen zu lassen, vernahm ich auf einmal wieder Kritisches. Sofort war ich wieder aufmerksam. Aus dramaturgischer Sicht, jedenfalls für meinen Geschmack, hätte er wesentlich früher die Rolle des Wagner-Clans im Dritten Reich beleuchten sollen (Hitler selbst war da schon fast abgehakt). Dass er den heutigen Wagners genauso viel Ehrerbietung wie dem Meister zollt, hat mich ebenfalls gestört. Angesichts des Einflusses, den Wagner auf Ludwig II. ausübte (ausgerechnet ein wilder Sachse half, die Romantik, Stichwort Neuschwanstein, nach Bayern zu bringen), müsste es die Leipziger ärgern, dass im Film dessen Geburtsstadt nicht erwähnt wird. So ganz sicher bin ich mir aber nicht, denn Wagner war ein untypischer Sachse, der überhaupt nicht dem gängigen Klischee entsprach.
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