„Verity“ und die „Fäuste“

Um en vogue zu sein, bedarf es noch mehrerer Gebilde, woraus geschlussfolgert werden kann, dass weite Teile der Bevölkerung diese nicht sonderlich mögen, was aber nicht viel bedeuteten muss, denn schließlich gewöhnt sich der Mensch an alles, darum der Widerstand gegen Skulpturen, die in Himmel ragen, bald zusammenbrechen könnte. Informierte Leser wissen sicherlich schon, worauf ich hinauswill – es geht um „Verity“, einer 21 Meter hohen Schwangeren, die Damien Hirst an der Nordküste Devons hat aufstellen lassen, und zwar in Ilfracombe, einem Ort, von dem ich glaube, dass ich dort eine Stunde (höchstens) verbracht haben könnte.

Es ist wirklich schlimm, keine Fotos zu machen, kein Tagebuch zu führen und nicht so bekannt wie Goethe zu sein. Wäre letzteres der Fall, wäre über den Ort zu erfahren, dass ich dort mal einen Ford, an dessen überlangen Ganghebel kann ich mich noch gut erinnern, geparkt habe. Vermutlich stände auf dem Platz jetzt ein kleines Schild, auf dem mein Name sowie das Datum mit den genauen Parkzeiten stehen. Natürlich dürfte die Parkbox heute nicht mehr genutzt werden. Berühmt zu sein hat eben auch den Vorteil, später zurückverfolgen zu können, wo man einmal gewesen ist. Ich weiß nur noch, dass wir von Exmoor, das östlich liegt, kamen und in einen Ort, der in einem malerischen Tal liegt, fuhren. Der Ausblick von oben war grandios (die Straße an der Küste ist sehr interessant). Jedoch war dort noch ein Fluss, den ich Ilfracombe nicht finden kann. Die Klimaerwärmung hat ihn hoffentlich nicht schon austrocknen lassen.

Falls das der Ort sein sollte, könnten die Behörden nächstes Jahr ein Problem haben – sollten alle auf die Statue starren, wird die Abfahrt ab der Sommerzeit zum Unfallschwerpunkt. Dann würden nur noch helfen nur noch „Keep your eyes on the Road“-Schilder. Darum ist es auch ziemlich clever von ihm, die Figur in der dunklen Jahreszeit aufzustellen. Nur die ganz Unerschrockenen kommen noch her. Ist seine „Verity“ wirklich so geschmacklos? Ich weiß es nicht. Mich verblüfft erst einmal, dass sie überhaupt in der Lage ist, diese Körperhaltung einzunehmen. Und wird der nach oben gestreckte Arm nebst Schwert überhaupt einen Orkan überstehen? Wäre es nicht besser, diesen bei einem Sturm zu senken? Ich bin wirklich gespannt. Da jeder Kunstkenner weiß, dass Hirst nur mit kostbaren Materialien, bspw. Diamanten (sein diamantener Schädel ist 50 Millionen Pfund wert), arbeitet, glaube ich, dass viele Händler, speziell jene, die Metalle sammeln, nicht der Versuchung widerstehen können, Teile von ihr abzubrennen, um sie später teuer zu verkaufen (rostfreier Stahl wurde verwendet). Vermutlich sind aber schon mehrere Videokameras, mit deren Hilfe das verhindert werden soll, installiert worden.

Halle hätte seine „Fäuste“ behalten, wäre die Stadt jetzt in der Lage, auch mit einem eindrucksvollen Monument punkten zu können. Von der Fußgänger- bzw. Straßenbahnebene, die unterhalb liegt, würde dieses ehemaligen Wahrzeichen der Stadt wirklich imposant aussehen, denn zu den bisherigen 15 Metern wären mindestens noch einmal 8 dazugekommen. Aber leider haben sich die Planer entschlossen, die „Fäuste“ abzureißen. Auf einer Wendeltreppe hätten Interessierte praktisch auf deren ursprüngliches Fundament gelangen können, wo eine ein Meter breiten Rundterrasse ihnen die Möglichkeit zum Lustwandeln eröffnet hätte (Freiheits-Fäuste). In dieser luftigen Höhe finden sich heute nur noch Autos. In der taz findet sich eine richtig gute Geschichte darüber.

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