Tom Cruise – je älter der Wein, desto besser!

Alles nur wegen Cruise, denn bisher bin ich auf meine 60 Meter Sprints, die ich ab und zu einlegen muss, um den Bus zu bekommen, ganz stolz gewesen – ohne schniefen zu müssen, bin ich nach bei jedem Lauf, den ich gestartet habe, eingestiegen. Angesichts meiner hohen Erfolgsquote habe ich schon eine Fangemeinde, die vom Bus aus verfolgt, wie ich mich durch den Berufsverkehr schlage. Nun stellt sich die Frage, wie lange noch, denn seit gestern haben meine Fans die Möglichkeit, im Kino zu sehen, dass Cruise viel besser als ich laufen kann – ausdauernd sprintet er durch London, das aber nicht, wie man annehmen könnte, auf den Straßen (die Fußgängerwege sind eh überlastet), sondern auf dessen Dächern – ohne den Boden zu betreten, schafft er es von der St Paul‘s Cathedral bis fast vor Tate Modern. Dort angekommen, hat er noch die Kraft für mehr, während ich, wenn ich je das Ziel erreicht hätte (vermutlich wäre schon der erste Sprung über eine Häuserlücke zu kurz ausgefallen), völlig außer Atem sein würde. Cruise weiß eben, worauf es ankommt – Voraussetzung für ein gutes Abschneiden ist, sich keine Blöße zu geben, und das selbst in den Disziplinen, die man vorher noch nie ausgeübt hat (seine außergewöhnliche Gabe, sich binnen weniger Sekunden in jede Materie einzuarbeiten, ist wirklich beeindruckend). Für mehr braucht es noch einen spektakulären Plot mit einigen schönen Twists, viel Action, ein wenig Humor, schöne Bilder und eine Brise Gefühl. (Sein „je suis désolé“ hat eine Kinogängerin derart entzückt („ist er nicht süß“), dass schallend lautes Lachen im Saal ausbrach.) „Fallout“ hat nicht nur das, sondern erfüllt auch Kriterien, von denen ich gar nichts weiß, denn sonst hätten einige Kritiker den Film mit Cruise nicht als einen der besten Actionfilme, der je gedreht wurde, gepriesen, was sich aber schnell relativiert, wenn ich mir anschaue, dass Bruce Willis die Liste anführt. Wenn ich mich zwischen Willis‘ Gefühlskino und Cruises Intelligenzkino entscheiden müsste, würde ich mich für die analytischen Film entscheiden. In den Zeiten, wo Prominente mit Belanglosigkeiten und Nichtigkeiten für Schlagzeilen sorgen, tut es geht, sich einen Film anzuschauen, in dem der Protagonist wenigstens den Versuch unternimmt, alles möglichst perfekt zu planen. Und wenn es nicht klappt, ist improvisieren angesagt. Letzteres nehmen die Leute vermutlich Cruise noch ab, wenn er sich mit einer Glatze auf Verbrecherjagd begeben würde.

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