„The Artist“ – nicht jedermanns Sache

Da ein Film, der es geschafft hat, in zehn Kategorien für einen Oscar nominiert zu werden, gut sein muss, bleibt mir, um zu vermeiden, als Filmbanause abgestempelt zu werden, nichts anderes übrig, als meine Kritik an dem Stück zu verbrämen – während die meisten den Auswahljuroren zustimmen werden, gehöre zu denen, die an dessen Ende der Meinung sind, wie schön es ist, dass es keine Stummfilme mehr gibt. Das heißt nicht, dass „The Artist“ ein schlechter Vertreter seiner Art wäre, sondern nur, dass ich das Genre nicht sonderlich mag, woran sich auch nach dem Sehen des Films nicht viel geändert hat. Hätten sich die Akteure spannende Verfolgungsszenen, die ich als Kind immer recht lustig fand, geliefert, wäre mein Urteil sicherlich anders ausgefallen, aber Bilder, die den Verdacht aufkommen lassen, dass Al Capone involviert sein könnte, waren nun mal nicht zu sehen. Statt aufregende Szenen aus dem Gangstermilieu zu zeigen, hat sich der Regisseur entschlossen, den Alltag in Amerika darzustellen. Dass sein Protagonist, ein Stummfilmstar, privilegiert ist, spielt keine große Rolle – bei einem Film ohne Worte, in dem nichts Aufregendes passiert, ist nur das Mienenspiel wichtig. Und das ist beschränkt, was dazu führt, die Rolle, die die soziale Herkunft spielt, zu verwässern (die Sprache fällt ja als Unterscheidungsmerkmal weg). Die Mimik ist eben alles. Zu Beginn des Films haben für meinen Geschmack der Star und die Frau, aus der eine Diva wird, es damit ein wenig übertrieben – gekünstelter ging es in den ersten Minuten wirklich nimmer. Später haben sich die Schauspieler ein wenig zurückgenommen. Aber das ist ja das alte Übel des Stummfilms – da der Ton fehlt, ist jede Bewegung wichtig, was oft zu einer übertriebene Darstellung führt. Da verwundert es nicht, dass selbst der Hund keine Ausnahme macht. Ständig muss er mit tollen Kabinettsstückchen aufwarten. Und die führt ausgerechnet ein Jack Russell Terrier, den ich wegen seines ausgeprägten Eigensinns sehr schätze, vor. Der im Film ist mir jedoch zu sehr auf sein Herrchen fixiert. Dann hat er noch das Pech, dass ihn seine hohe Intelligenz nicht unbedingt sympathischer macht. Aber warum sollte es bei Hunden anders als bei Menschen sein? Diese künstliche und affektierte Welt ist nicht meine Sache. Wie gut, dass ab und zum mal der Ton wiederkommt, denn die Hauptdarstellerin, ich denke, es ist ihre Stimme, kann wunderschön singen (typischer Song der zwanzigern mit einer recht eigenen Stimme). Und dann träumt George Valentin noch laut, so laut, dass er aus dem Schlaf gerissen wird. Als er und Peppy Miller zum Schluss noch einen Tanz, der sowohl technisch als auch akustisch (Steppklang) perfekt ist, hinlegen, habe ich mich wirklich gefragt, warum man mir die Akustik vorenthalten hat. Und ein Wort am Ende hätte Valentin ruhig sagen können. Stattdessen hören wir, wie beide ein wenig außer Atem sind.

PS: Eine Szene namens „German Affair“, die der Regisseur des gleichnamigen Films (sozusagen ein Stummfilm im Stummfilm) viermal wiederholen ließ, fand ich nervend. Wenn die Schauspieler wenigstens versucht hätten, den Part richtig hinzubekommen. Ich hatte den Eindruck, dass sich der Regisseur des Hauptfilms, also der von „The Artist“, für diesen Part überhaupt nicht verantwortlich fühlte.
PPS: Wer „Still Standing“ mag, wird sich darüber freuen, Bills Arbeitskollegen und Freund als Polizisten erleben zu dürfen.

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