Spanier verdient Europameister, aber zu übermütig (herzlos?)

Während die Reporter, die vom letzten Spiel der Deutschen berichteten, vor dem Match bestimmt nicht daran dachten, dass sie am Ende Kritik an Löws Personalwahl sowie der taktischen Ausrichtung der Mannschaft üben würden, hätte ich allen, die meinten, der spanische Nationalcoach würde sich morgen einer ähnlicher Kritik ausgesetzt sehen, durchaus beipflichten können – so wie schon im ersten Spiel, als die Spanier mit Ach und Krach ein Unentschieden schafften, verzichtete er darauf, einen praktizierenden Stürmer in die Mannschaft zu nehmen. Stattdessen schickte er drei offensive Mittelfeldleute – Eniesta, Fabregas und Silva – auf den Platz. Aber schon nach wenigen Minuten stellte sich heraus, dass dies eine ganz andere Mannschaft als jene, die am 3. Turniertag eingriff, war – das berühmt-berüchtigte Ballhalten (neudeutsch tiki-taka) wurde, wie in vielen Momenten des Turniers zuvor, diesmal nicht praktiziert, um möglichst keine Treffe zu erzielen, sondern Ziel ist es gewesen, im rechten Moment zum Angriff überzugehen. Und die Spanier suchten in den ersten Minuten erstaunlich oft den Abschluss, ohne jedoch Buffon zu einer Parade zu zwingen. Dass sie schon in der 9. Minute erfolgreich waren, hat dem Spielverlauf (aus italienischer Sicht) sicherlich nicht gut getan, jedoch ist die Kombination, an deren Ende der Ball im Tor landete, so exzellent gewesen – vermutlich die beste in diesem Turnier – dass einem Frevel gleichgekommen wäre, wenn Silva den Ball neben oder über das Tor gesetzt hätte. Nur eine Parade Buffons hätte dieses Superzusammenspiel noch aufwerten können. Iniestas Pass geht an einem Italiener vorbei zu Fabregas, der unbemerkt, da im Rücken des Azzurris, in die rechte Strafraumhälfte spurtete. Als er den Ball hat, läuft er mit diesem noch ein oder zwei Meter Richtung Grundlinie, um kurz vor dieser fast am rechten Pfosten den Ball im Winkel von 160 Grad hoch in die Strafraummitte zu spielen. Diesen köpft Silva dann ins linke Ecke. Nichts zu machen für Buffon. Die Spanier ließen es dann ein wenig ruhiger angehen. Sie schafften es auch, Casillas mehrfach in Bedrängnis zu bringen (Fernschüsse Cassanos und Montolivos), jedoch eine Chance, die sie unbedingt hätten verwandeln müssen, hatten sie nicht. Anders die Spanier, deren 2. Tor drei oder vier Italiener zu Statisten werden ließ – das war ein Tor mit Ansage. Als Alba auf einmal in den Strafraum sprintete, vor sich nur blaue, war klar, dass ihn Xavi anspielen musste. Er passte, als der Mann, der ab heute bei Barca ist, noch einen Meter vor einem Italiener stand. Als er ihn hatte, dürfte er seine Gegenspieler bereits abgeschüttelt haben. Auch der herauslaufende Buffon konnte ihn nicht mehr stören. Mir taten die Italiener in diesem Moment ein wenig leid – das hatten sie wirklich verdient. Alba war einfach zu schnell für sie. Es sollte noch schlimmer für sie in der 2. Halbzeit kommen. Motto, der als 3. Einwechselspieler erst wenige Minuten auf dem Platz war (kam für Montolivo), viel aus. Mit 10 Spielern sahen die Italiener nun gar kein Land mehr, zumal die Spanier unbedingt noch mindestens ein Tor machen wollten. Am Ende wurden es gar zwei, Torres, der für Fabregas kam, sowie Mata, als Ersatz für Eniesto, schlugen noch zu. Ich weiß nicht, ob es eine gute Idee war, die Italiener zu demütigen. Sie hätten es bei 3 Toren belassen sollen. Nicht zu spüren, dass es unfair ist, einen Gegner, der so schwer gebeutelt wurde, vorzuführen, ist der einzige Wermutstropfen. Dieser macht den Sieg ein wenig bitter.

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